erwandlung, unmögliche   Ich weiß, daß die Zahlen und die Vielecke miteinander eine Welt schaffen, die nur ihnen gehört, und ich in ihre Welt nur eindringen könnte, wenn ich mich willig in eine Zahl oder eine gezeichnete Gerade verwandelte. Da mir aber diese beiden Möglichkeiten versagt sind oder mich abstoßen, kann ich mir nur eine Schnurre erzählen, die von meiner Verwandlung in eine Zahl handelt; diese Zahl müßte nach meiner Vorstellung, um sich in jener Welt unbeobachtet fortbewegen zu können, höher sein als null und niedriger als eins, dürfte jedoch keine Dezimalstellen haben. Es ist klar, daß ich hier eine List vortäusche, die auf keinerlei Weise der Wirklichkeit entspricht, midi aber dennoch tröstet, da ich im selben Moment begreife, daß es mir weder gegeben ist, weiterzugehen, noch mich in eine Zahl zu verwandeln. Man wird mich fragen, was mich denn an meiner Verwandlung in eine Zahl so sehr abstoßen würde: in erster Linie das Gefühl, die Zahlen seien nur nach außen hin so leuchtend, in ihrem Inneren aber trüb und düster infolge einer groben Unartikuliertheit ihres Gefühlslebens, weshalb beispielsweise die Drei blindgeschlagen oder geblendet ist von der Leidensdiaft, drei zu sein; und sollte sie je von einer anderen Leidenschaft auch nur gestreift werden, dann von der, einer dreieckigen oder sechseckigen oder diesen ähnlichen Form ganz nahe zu sein. Diese Konzentration auf ihre Eigenschaft, Zahlen zu sein, bewirkt, daß sie unfähig sind, etwas anderes als Zahlen zu sein, und daß ihre Welt unfähig ist, eine Zahl bei sich aufzunehmen, die diese den Zahlen eigentümliche Konzentration nicht besitzt.

Nun glaube ich aber, daß mir weder diese noch sonst irgendeine Form von Konzentration eigentümlich ist, ich habe mich ganz im Gegenteil damit abgefunden, ein Geschöpf der Unordnung zu sein, das sich immerfort selbst verfolgt. Somit kann ich in der Welt der Zahlen, die weder von Komplizentum noch von Zerstreutheit weiß, keine schwache Stelle oder Lücke finden; nicht weil die Zahlen stets wachsam wären, sondern weil sie unendlich konsequent sind.   - Giorgio Manganelli, Kometinnen und andere Abschweifungen. Berlin 1997