Unruhestifter  Ich drehte alle Lampen im Zimmer an, zündete mir eine Zigarette an (wir benehmen uns alle gern ab und zu ein bißchen großspurig) und ließ mich auf dem Bett nieder, um auf meine Gefangennahme zu warten. Ich hätte mich vielleicht durch das dunkle Haus an meine Feinde heranpirschen und sie möglicherweise erwischen können, aber höchstwahrscheinlich hätte ich es nur fertiggebracht, niedergeschossen zu werden. Und ich lasse mich nicht gern niederschießen.

Das Mädchen fand mich. Sie kam durch den Flur geschlichen, in jeder Hand einen Trommelrevolver, zögerte einen Augenblick vor jeder Tür und stürzte sich dann mit einem Sprung ins Zimmer. Als sie mich friedlich auf dem Bettrand sitzen sah, blitzten ihre Augen mich verächtlich an, als wenn ich mich nichtswürdig benommen hätte. Ich glaube, sie dachte, ich hätte ihr einen Anlaß zum Schießen geben müssen.

»Ich hab' ihn, Tai!« rief sie, und der Chinese stieß zu uns.

 »Was hat Hook mit den Papieren gemacht?« fragte er geradeheraus.

Ich grinste ihm in das runde gelbe Gesicht und spielte mein As aus. »Warum fragen Sie nicht das Mädel?«

Sein Gesicht ließ nichts erkennen, doch mir war so, als erstarrte sein dicker Körper in der eleganten englischen Garderobe ein wenig.

Das machte mir Mut, und ich fuhr mit einer kleinen Lüge fort, die etwas Unruhe stiften sollte. »Haben Sie's noch nicht spitzgekriegt«, fragte ich, »daß die beiden auf dem besten Wege waren, Sie auszubooten?«

»Sie gemeiner Lügner!« kreischte das Mädchen und trat einen Schritt auf mich zu.

Tai hielt sie mit einer gebieterischen Handbewegung zurück. Er starrte mit seinen undurchdringlichen schwarzen Augen durch sie hindurch, und während er starrte, wich das Blut aus ihrem Gesicht. Sie hatte diesen dicken Gelben zwar am Bändel, aber er war nicht gerade ein harmloses Spielzeug.

»Also so ist das?« sagte er langsam, ohne sich an eine bestimmte Adresse zu wenden. Dann zu mir: »Wo haben Sie die Wertpapiere hingetan?«

Das Mädchen trat dicht an ihn heran, und ihre Worte überschlugen sich. »Ich will dir die Wahrheit sagen, Tai, so wahr mir Gott helfe! Ich hab' die Dinger selber vertauscht. Hook ist darüber nicht im Bilde gewesen. Ich wollte euch allen beiden durchgehen. Ich hab' sie da unten unter die Couch gesteckt, aber da sind sie nicht mehr. Das stimmt wirklich und wahrhaftig!«

Er war nur zu gern bereit, ihr zu glauben, und ihre Worte klangen durchaus wahrhaftig. Und mir wurde klar, daß er - in sie verliebt, wie er war - eher geneigt war, ihr die Hinterlist mit den Wertpapieren zu verzeihen als den Plan, mit Hook durchzu-brennen, und ich beeilte mich daher, von neuem Unruhe zu stiften. »Zum Teil stimmt das durchaus«, sagte ich. »Sie hat die Papiere wirklich unter die Couch gesteckt. Aber Hook ist darüber im Bilde gewesen. Sie haben es miteinander ausgemacht, während Sie hier oben waren. Er sollte Krach mit Ihnen anfangen, und während der Auseinandersetzung sollte sie den Tausch besorgen. Und genau das hat sie getan.«

Ich hatte ihn! Während sie wütend zu mir herumfuhr, setzte er ihr die Mündung eines Revolvers in die Seite - ein eleganter Zug, der den empörten Worten Einhalt gebot, die sie gegen mich schleuderte.

»Ich nehme dir die Revolver ab, Elvira«, sagte er und nahm sie.

»Wo sind die Papiere jetzt?« fragte er mich.

Ich grinste. »Ich arbeite nicht mit Ihnen zusammen, Tai. Ich arbeite gegen Sie.«   - Dashiell Hammett, Hokuspokus. Frankfurt am Main und Berlin 1965

 

Unruhe

 

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