oeta laureatus
Rainer zog ihn schon zu Kirk Elrod: Carols Mann und Poeta laureatus der
Universität. Rainer informierte die Halms noch, als man schon bei Mr.
Elrod angekommen war, über dieses lebenslängliche Dichteramt. Der Poeta
laureatus wird dafür bezahlt, daß er als Dichter auf dem Campus
gegenwärtig ist. Wie er das macht, ist nicht vorgeschrieben. Rainer
entschuldigte sich dafür, daß er Halms nicht vorher informiert habe. Der
Dichter sagte: Wir schieben alles auf Schuberts Texfverständnisl Dabei
habe er noch keinen Satz geschrieben von diesem alles lähmenden Aufsatz,
sagte Rainer. Es gibt Kinder, die töten die Mütter schon während der
Schwangerschaft, sagte Kirk Elrod. Das gefalle ihm an den Professoren,
zwischen denen er jetzt seine letzten Lebensjahre verbringe, daß sie
einander mit denselben Forderungen quälten, mit denen sie den Studenten
das Leben schwermachten. Dieser Zwang, sinnlos Aufsatz um Aufsatz zu
schreiben, müsse religiösen Ursprungs sein. Zu Halm gewendet: Publish or perish,
kein Schriftstellersatz, reines Campus-Produkt. Trinken wir auf den
Campus! Man trank. Der Poet und Rainer ließen sich ihre Gläser sofort
wieder mit unvermindertem Bourbon füllen. Trinken wir auf unseren Gast
aus Deutschland! Der Poet sagte: Wo in der Welt könnten Maniaks wie
Rainer und ich leben?! Nur auf dem Campus! Nur auf dem Campus der
Washington University in Oakland, California, sagte Rainer. Trinken wir
auf die Washington University in Oakland, California, sagte der Poet.
Man trank. Sie müssen wissen, sagte der Poet, der Präsident dieser
Universität hat etwas übrig für Alkoholiker. Rainer sagte scharf: Kirk,
bitte! Kirk ließ sich nicht drausbringen. Ob Halm zufällig seinen Roman Inspiration Inn
gelesen habe? Halm zögerte. Rainer kam zu Hilfe: Ich hab ihn dafür
dreimal gelesen, Kirk. Na ja, dann könne er ja seinem Freund Helmut
schildern, wie der Roman entstehe, in einer Sturmnacht, in der die
Pazifik-Brandung einen Besucher bei einer Alkoholikerin oder bei einem
Alkoholiker festhalte - tatsächlich sei dem Alkoholiker der Alkohol
wichtiger als das Geschlecht -, und in dieser Nacht entfalte sich der
Roman als eine erlösungssüchtige Schnapsidee. Er kennt sein Buch nicht,
sagte Rainer. Schnaps kommt in dieser Nacht so gut wie nicht vor. - Martin Walser, Brandung. Frankfurt am Main 1987
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