flanzenseele
Wie spärlich würde überhaupt nach Wegfall der Pflanzen aus dem Reiche der Seelen
die Empfindungen in der Natur verstreut sein, wie vereinzelt dann nur als Reh
durch die Wälder streifen, als Käfer um die Blumen fliegen; und sollten wir
der Natur wirklich zutrauen, daß sie eine solche Wüstenei ist, sie, durch die
Gottes lebendiger Odem weht? Wie anders dies, wenn die Pflanzen Seelen haben
und empfinden; nicht mehr wie blinde Augen, taube Ohren in der Natur dastehen,
in ihr, die sich so vielmal selbst erblickt und empfindet, als Seelen in ihr
sind, die sie empfinden; wie anders für Gott selbst, der die Empfindungen aller
seiner Geschöpfe gewiß in einem Zusammenspiel und Zusammenklang vernimmt, wenn
die Instrumente dazu nicht mehr in weiten Zwischenräumen voneinander stehen?
Wo erlebt man das bei einem Konzerte der armen Menschen, nun will man es bei
dem reichen Gott so finden. Ist es nicht schöner, größer und herrlicher, zu
denken, daß die lebendigen Bäume des Waldes selber wie Seelenfackeln gegen den
Himmel leuchten, als daß sie bloß im Tode in unseren Öfen Helle geben? Und darum
sollten sie erst so prangend in die Höhe wachsen? Die Sonne selber kann die
Welt nicht hell machen ohne Seelen, die ihr Leuchten spüren. Wie seelendämmerig
würde es also im sonnenbeschienensten Walde sein, wenn die Sonne nicht auch
Seelen der Bäume zu scheinen vermag. Vermag sie es aber, so ist ein Wald wie
ein lebendiger Brand vor Gott, der ihm seine Natur erhellen hilft. Und wird
der Baum dereinst wirklich verbrannt, entweicht nur gleichsam zuletzt noch in
äußerlich sichtbarer Flamme, was solange innerlich für Gott und für sich selber
glühte. ... - Gustav Theodor Fechner,
Nanna oder Über das Seelenleben der Pflanzen. In: G. T. F.,
Das unendliche Leben. München 1984 (zuerst 1848)
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