»Pfui über das Geld heute! Liebe brauchen wir, Liebe nach unserer Wahl«, sagten die schönen Dirnen, »Liebe von einem Kind, einem Jüngling oder von einem, der uns gefällt, ohne Geld. - Sie sollen alle her zu uns kommen, denen die Natur männliche Kraft verliehen hat, welche die wahren Männer ausmacht, sie sollen kommen um der Liebe Gottes und der unsern willen ... - Gestern war der Tag, da man bezahlen mußte, heute ist der Tag, da man liebt! - Wer will an unsern Lippen trinken? Sie sind noch feucht von der Flasche. Wein und Küsse, das ist ein Festmahl, bei dem nichts fehlt! - Pfui über die Witwen, die ganz allein schlafen! - Wir sind Dirnen! Heute ist der Tag der christlichen Nächstenliebe. Den jungen, starken und schönen Männern öffnen wir unsere Arme. Zu trinken - Schätzchen, schlägt dein Herz, die Trommel in deiner Brust, zum Liebeskampf? Was für ein Pendel! Das ist die Uhr der Küsse. Wann werden sie kommen, mit vollem Herzen und leeren Taschen? Wittern sie nicht die leckern Abenteuer? Was ist für ein Unterschied zwischen einem jungen Geusen und dem Herrn Markgrafen? Der Herr Markgraf zahlt mit Gulden und der junge Geuse mit Küssen. Es lebe der Geuse! Wer will die Friedhöfe aufwecken gehn?« So sprachen die guten, hitzigen, fröhlichen unter den Mädchen verliebten Wandels.
Aber es gab auch andere mit schmalen Gesichtern, mit magern Schultern, die aus ihrem Leib eine Verdienstbude machten und Heller um Heller den Preis ihres magern Fleisches zusammenkratzten. Und die schimpften zueinander:
»Es ist schön dumm von uns, auf Lohn zu verzichten in unserm ermüdenden
Gewerbe bloß um der überspannten Launen willen, die diesen mannstollen
Dirnen durch den Kopf gehn. Wenn sie ein Mondviertel im Kopf haben, so
haben wir's mitnichten und ziehen es vor, in unsern alten Tagen nicht wie
sie unsere Lumpen durch die Gosse zu schleifen, und wir lassen uns bezahlen,
da wir doch zu verkaufen sind. Pfui über das 'Umsonst'! Die Männer sind
häßlich, stinkend, brummig, fressen und saufen gern! Sie allein sind schuld,
wenn die armen Frauen ein böses Ende nehmen!« - Charles de Coster,
Ulenspiegel. Darmstadt 1968 (zuerst 1868)
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