Nacht, stürmische    Alexander Wladimirowitsch folgte dem jungen Mann überallhin; er hatte ihn bei Hortense wiedergesehen und wußte nun alles über die Reize unserer Heldin (um die er sich den Teufel samt dessen Großmutter scherte, das können wir Ihnen versichern), und er hatte mehrmals, aus rein dokumentarischen Gründen, ihren Liebesverrenkungen beigewohnt, die in seinen Augen bei weitem nicht die Würde besaßen wie der köstliche Tanz der kleinen rothaarigen Katze der Orsells', der er alle freien Augenblicke widmete, die seine Beschattung ihm ließ. Dem jungen Mann zu folgen war unbedingt notwendig, denn wenn er auch viel begriffen hatte, so fehlte ihm doch das entscheidende Glied in der Kette. Trotz des Sturms, oder vielleicht gerade deswegen, wußte er, daß der junge Mann in dieser Nacht aus dem Haus gehen würde, und er fühlte sich einer für seine Zukunft äußerst wichtigen Entdeckung nahe.

Der Sturm tobte jetzt über der Stadt; die Autos fuhren im Zickzack, vom Wind aus der Spur getragen, und versuchten, sich nicht allzusehr umeinander zu schlingen; ein Autobus T stand quer auf der Kreuzung, und eine kleine alte Dame in einem ganz kleinen Auto, das dem Autobus kaum bis zum Knöchel reichte, beschimpfte ihn mit einem Wortschatz, der die Fahrgäste vor Erstaunen erzittern ließ, jedenfalls das, was sie davon vernahmen zwischen den furchtbaren Windböen, die einem heftig Luft in den Mund schoben und sie einen weder verdauen noch ausatmen ließen, bevor man ihn von neuem gefüllt bekam. Die beiden Liebenden, die von diesem ganzen Lärm nichts merkten, waren gerade dabei, sich mit Begeisterung einer Variante einer gewissen Formel hinzugeben, die Sie (unter der Bezeichnung corkscrew move-ment) in einem der Bände von >My Life and Loves< von Frank Harris erwähnt finden, das zu Hortenses Lieblingslektüren gehört hatte, als sie vierzehn Jahre alt war. Sie hatte es entwendet, als sie die Schublade im »Sonderfach« der Bibliothek ihrer Eltern aufbrach, und es Krafft-Ebing und Havelock-Ellis vorgezogen. Und Freud.

Alexander Wladimirowitsch seufzte, zog seine Pfoten unters Fell, begab sich in Wartestellung und dachte an etwas anderes.   - Jacques Roubaud, Die schöne Hortense. München 1992 (dtv 11602, zuerst 1985)

Nacht

Oberbegriffe
zurück 

.. im Thesaurus ...

weiter im Text 

Unterbegriffe

VB

 

Synonyme