etzte,
Das
Ein Beispiel für das »Sein zwischen den Qualitäten« findet sich in dem Gedicht
Être du dernier (mögliche Übersetzungen: 1. Vom Letzten sein, 2. Das Sein des
Letzten, 3. Das Wesen des Letzten, 4. Jemandem nah sein [être du dernier bien
avec qn]) des französischen Symbolisten Jacques Salmon-Burhème. Er beschreibt
darin die letzten Minuten eines jungen Mannes, der in einen Sumpf gerät und
weiß, dass er umso schneller untergeht, je mehr er sich gegen das Versinken
zur Wehr setzt, rudert oder versucht, ans Ufer zu gelangen. So beschließt er,
stillzuhalten und sein Sterben bewusst zu erleben (»son âme inerme, son corps
inerte, disparition - ç'est ce qu' il sent seulement«). Er reflektiert dabei
über die Ambivalenz von Noch-Nicht (le pas-encore) und Nicht-Mehr (le non-plus),
wobei sich ihm das Nocb-Nicht langsam zu einem Nicht Mehr wandelt. Gleichzeitig
bemerkt er, dass die Erwartung sich aus der Erinnerung des Vergangenen speist,
was ihn schließlich den Tod mit anderen Augen sehen lässt (»pour vivre les pas
encore une fois / pour égorger le pas-encore«, etwa: die Schritte noch einmal
gehen, um das Noch-Nicht zu zertreten«). Es ist nicht weiter verwunderlich,
dass Salmons Gedicht zur Privatlektüre Blochs während der gedanklichen
Entwicklung seines Begriffs vom Vor-Schein gehörte. Der Begriff des Vor-Scheins,
den die Anti-Psychiatrie-Bewegung mit Anspielung auf einen bekannten Versprecher
aus Freuds Psychopathologie des Alltagslebens später zum Konzept des Vor-Schweins
erweiterte und darin auch die radikale Kapitalismuskritik einschloss, hieß in
den ersten Notizen Blochs noch Tiefgründeln oder Ritt über das bodenlose Moor.
Zwar scheint uns die Angst zu lahmen, die uns Abschied nehmen lässt von dem
immer wieder tröstenden Noch-Nicht und uns einem ewigen Nie-Mehr ausliefert,
doch spüren wir gleichzeitig, dass, solange wir dies alles noch denken und die
Angst noch verspüren, ein letzter Funke Leben in uns ist, sodass in uns vielleicht
ein letztes Dennoch (mais pourtant) laut wird. - (raf)
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