ch, ungewisses
Obschon - das habe ich immer gewußt, wenn ich mich je beschreiben
wollte, dann würde ich dieses Wort stets im Munde führen; höflich
warnend, zaghaft fragend; gleich am Anfang erklärend, daß die
Selbstbeschreibung eine Aufgabe ist, die ich nicht unmöglich nennen
möchte, das wäre ja schon eine Beteuerung, sondern in einem Maße
ausweichend und ungenau, daß sie sich nur mit der halb pedantischen,
halb spitzfindigen Formel obschon irgendwo absondern kann. Also, obschon
ich mir im Lauf nunmehr zahlreicher Jahre eine keineswegs
oberflächliche Kenntnis der astronomischen Phänomene angeeignet habe,
wobei ich mein Wissen vor allem aus den Werken bezog, die in einzelnen
Heftchen, auf schönes Papier gedruckt und gut illustriert, in Hülle und
Fülle an den Zeitungskiosken feilgeboten werden; trotzdem oder, besser,
nichtsdestotrotz, das klingt literarischer, ist es mir nicht gelungen,
mich selbst sicher zu definieren; das heißt festzulegen, ob ich ein
Planet oder Mond oder ein Komet oder vielleicht sogar eine ganze Galaxie
bin; oder vielleicht eine Sonne oder eine Nova oder das, was man auf
eher eindrucksvolle denn begreifliche Weise ein schwarzes Loch nennt.
Ich weiß, daß ich einen Raum bewohne, der sich nicht ausmessen läßt; ich
weiß, daß ich von einem mäßigen, aber beständigen
Schwung bewegt werde, der keinen Widerspruch duldet; in diesem
unendlichen Raum sehe ich um mich herum andere Himmelskörper; einige von ihnen scheinen in einer besonderen Beziehung zu mir zu stehen, und wenn ich ein Planet
wäre, dann wären sie die Monde; bald kommen sie ganz nahe, bald
entfernen sie sich so weit, daß ich denke, ich werde sie nie mehr
wiedersehen; aber es kann sein, daß ich der Mond eines dieser Monde bin,
entweder Mond eines Mondes oder Mond eines Planeten, den ich irrtümlich
als Mond verstehe.
Das Wort Planet paßt allerdings in der neutralen etymologischen
Bedeutung eines Körpers, der im Raum umherstreift, zu mir, wenn ich es
vollkommen distanziert verwende, das heißt, ohne diese Definition
irgendwie moralisch zu definieren; obschon das nicht immer bequem ist;
man denke nur an das Problem der Sonne, mit dem ich mich auf jeden Fall
später noch zu befassen habe.
- Giorgio Manganelli, Kometinnen
und andere Abschweifungen. Berlin 1997
|
||
|
|
|
|
|
|