ickwurz
Ich packe die Dickwurz mit abgespreizten Fingern. Trotzdem fühlt es sich eklig
weich an. Weich wie ein Babykopf. Wie der Kopf von meinem Bruder in der Wiege.
Sein Kopf ist noch so weich, dass sich die Gummigiraffe tief in die Seite über
dem Ohr eindrückt, wenn er auf ihr einschläft. Die Dickwurz riecht auch fast
so wie der Kopf von meinem Bruder, milchig und feucht. Und genau wie sein Kopf
ist auch die Dickwurz oben verschorft. Wenn ich seinen Kopf halte, habe ich
immer Angst mit meinen Fingern hineinzudrücken in das Innere. Ich habe Angst,
dass meine Finger in seinem weichen Kopf versinken und sich irgendwo in seinem
Schädel verhaken und ich meine Finger nicht mehr rausziehen kann, so wie wenn
ich manchmal einen Finger in einen Flaschenhals stecke aus Spaß und ihn nicht
mehr rausbekomme und die Frau von der Caritas es mit Seifenlauge versucht, was
bis jetzt auch immer geklappt hat. Zur Not hätte man auch die Flasche zerschlagen
können. Aber bei meinen Fingerkuppen im Schädel meines Bruders wäre das anders,
da könnte man keine Seifenlauge nehmen, weshalb ich mit Gewalt ziehen und am
Ende meine Fingerkuppen opfern müsste. Es wäre wie bei dem Taucher, der mit
seinem Arm in einem Korallenriff hängenblieb und langsam keinen Sauerstoff mehr
hatte. Der müsste sich auch entscheiden und den Arm mit einem Messer abtrennen,
um rechtzeitig wieder auftauchen zu können. Oder wie der Arzt, der im Busch
eine Blinddarmentzündung bekommt und sich selbst operieren muss. Genauso wäre
das auch bei mir, und dann müsste ich meine Fingerkuppen eben opfern. Notgedrungen.
Anschließend kann ich die Löcher der Blockflöte nicht mehr richtig bedecken
und muss auch nicht mehr zum Celtounterricht. Ich muss gar nichts mehr. -
(raf)
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