aß-Klarinette
Es kann einem angst und bange werden, wenn man diese »Extremsten« in geteiltem Loden-Rok
und gestärkter weißer Weste auf den Kateder steigen und mit einer Stimme wie eine
Baß-Klarinette über »Das Woib« reden hört. Sie meinen ja gar
nicht das Weib, sie wollen ja gar nicht das Weib. Gott weiß, was sie überhaupt wollen. Es
ist uns aus guter Quelle bekannt, daß hier in München im vorigen Jahre eine
Versammlung von Viragines stattfand, wo unter anderm auch die Frage aufgeworfen wurde, ob
die Männer überhaupt noch zum Geschlechtsgenuß zugelaßen werden solten. Mit
knapper Stimmenmehrheit, mit einer einzigen Stimme Majorität, wurde die Frage »für
diesmal noch« bejaht, wenn auch unter manchen Einschränkungen. – Mein Gott, es
fält uns ja nicht ein, die lesbische Liebe principiell zu »verdammen«. Der
Verdammungsstandpunkt ist für uns moderne Heiden überhaupt ein überwundner. Unter der
anmutigen Form, wie sie uns Pierre Louys in seiner »Aphrodite« schildert,
sind
wir gern bereit, sie als berechtigt anzuerkennen, als Bereicherung der Welt um ein graziöses
Laster. Aber an den Viragines unsrer Tage mit Herrenwesten und Lodenröken irgend ein
ästetisches Wolgefallen zu finden – das ist zu viel verlangt.
-
- Franziska
zu Reventlow, Viragines oder Hetären?
(1899)
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