wergteufel Vor
uns steht ein kleiner, mit allen Hunden gehetzter, mit allen Wassern gewaschener
Zwergteufel, ein Weib von der Physiognomie jener Gesche Margarete Gottfried,
die man in Kriminalwerken oft abgebildet findet. Das ist Elisabeth Engel, geborene
Bräutigam, eine Frauensperson von 50 Jahren, klein, dürr, überintelligent, war
dreimal verheiratet, hatte acht Kinder, von denen nur eins am Leben blieb: (nämlich,
der Arbeiter auf der „Continental" Theodor Hartmann, ein 18-jähriges, sehr
verschlagenes, etwas geckenhaftes Bürschchen). Gegenwärtig ist Mutter Elisabeth
verheiratet mit dem Arbeiter Wilhelm Engel, Ordner in der sozialdemokratischen
Partei (verschwiemelt und roh, aber gutmütig-phlegmatisch, wenn er nicht getrunken
hat). — Wie hatten Haarmann und seine Getreueste sich kennen gelernt ? Im Frühling
1923 wollte die Engel beim Roßschlächter auf der Insel Fleisch einholen, aber
es war ausverkauft, da traf sie nahe dem Laden den Kriminalbeamten Haarmann,
den sie von Ansehn kannte (denn sie ist Scheuerfrau auf der Kriminalpolizei),
und Haarmann bot ihr ein Pfund Pferdefleisch, welches damals 60 Pfennig kostete,
schon für 35 Pfennig an. Daraus entwickelte sich eine Fleisch-Freundschaft.
Sie kamen bald auf Du und Du; gingen miteinander ins Kino, „kungelten",
„kütchebütchten", „tusterten", „trampelten", „hamsterten"
und „drehten manche schwule Sache"! Haarmann schenkte der Frau manch abgetragenes
Kleidungsstück (er war ja Kleiderhändler und hatte Gewerbeschein); dafür übernahm
sie es, die anderen Kleidungsstücke für ihn zu verkaufen (sie stammten ausnahmslos
von Knaben und jungen Leuten). Im Radfahr- und Turnverein „All Heil", in
welchem Vater Engel und sein Stiefsohn, der junge Theodor Hartmann große Nummern
waren, fand sich mancher, der bald einen Selbstbinder, bald einen Hut, bald
eine Breecheshose gern billig erwarb. „Eine Hand wäscht die andere." -
Theodor Lessing, Haarmann. Die Geschichte eines Werwolfs. Berlin 1925
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