Zwerg-Riesen-Krieg  Riesen und Zwerge sind gegenwärtig. Jeder Häuptling hat seine Krieger gerufen, alle haben den Ruf des Tam-Tams vernommen. Die Riesen dringen vor, den Wald hindurch. Ndongmba führt sie, bewaffnet mit den drei zauberischen Pfeilen. Der erste erreicht, wonach er über den Wolken zielt, der zweite durchbohrt das tiefste Wasser, der dritte dringt auf den Grund der Erde. Nlutangmba trägt die berühmte Armbrust. Statt Pfeile schleudert sie gewaltige Felsen. Unter dem Aufprall dieser Last werden Menschen zermalmt wie Ameisen. Das Blut fließt wie Öl aus Palmnüssen gepreßt. Ein starker Jäger trägt die berühmte Armbrust.

Der Angriff hat begonnen. Von allen Seiten fliegen die kleinen Pfeile der Zwerge durch die Luft. Wui, wui, wui bohren sie sich in die Körper der Riesen, stechen sie von allen Seiten, treffen sie am Kopf, an Armen, an dem Nabel, an den Beinen. Wui, wui, wui die großen Häupter fallen zur Erde, pum, pum, die großen Köpfe fallen zur Erde. Die Riesen schlagen wütend die Bäume nieder, treten sie um, zerbrechen einen am andern. Sie umgeben den Wald ganz mit einem Kreis niedergehauener Bäume, da der Kreis geschlossen ist, legen sie Feuer an. Die großen Bäume flammen, der Wald brennt, der Wind jagt die Flammen hoch und trägt den Rauch ins Weite. Die wilden Tiere schreien verzweifelt; man hört das Miauen des Tigers, die Elefanten brüllen, aber die Riesen halten gute Wacht. Die Zwerge können nicht entkommen, alle werden sie geröstet sein, wie Heuschrecken. Ndongmba ist Sieger.

Die drei Pfeile werden ihm unnütz sein. Angonzing, der Häuptling der Zwerge, hat die Gefahr erkannt. Er zieht sich mit seinen Leuten in die Mitte des Waldes zurück, sie beraten. Wie der Gefahr entrinnen? Angonzing zerschneidet den Palaver. Auf seinen Befehl graben die Zwerge gleich den Termiten Löcher. Jeder gräbt sein Haus. Jeder hastet; denn der Wind des Feuers ist heiß, und jeder liebt, zu leben. Sobald die Löcher gegraben, bleiben sie in ihren Höhlen und erwarten das Kommende. Um sich zu ernähren, haben sie Ameisen in ihren Höhlen, Ameisen voller Fett, und geduldig warten sie. Drei Tage hindurch flammt der Wald. Drei Tage hindurch halten die Riesen um das Feuer gute Wacht. Endlich beginnt das Feuer zu sinken; sofort dringen sie in die unermeßliche Glut, die erlischt. Mit der Spitze des Speers durchwühlen sie die heiße Asche; hier und da finden sie verkohlte Knochen. Die Zwerge sind tot, die Riesen sind Sieger. Sie kehren in ihr Dorf und singen den Gesang des Sieges und tanzen den Siegestanz; sie kehren in ihr Dorf zurück. Kaum sind sie fort, kommt Angonzing aus dem Versteck hervor und ruft all die Gefährten. Alle kommen hervor, lachen über den guten Streich, den sie den Feinden gespielt haben. Sieger sind die Zwerge, die Menschen der Nacht, die Menschen des dunklen Waldes. Wenn die Finsternis die Sonne verborgen hat, wenn die Riesen Tiere verschlingen und in ihren Dörfern Palmwein und gegorenes Zuckerrohr trinken, dann zielen die Pfeile der Zwerge von allen Seiten. Wui, wui, wui, sie stechen, wui, wui, wui pum, pum, dum, die großen Köpfe der Riesen fallen zur Erde, pum, pum, pum sie fallen zur Erde, die großen Häupter.   - Afrikanische Märchen und Legenden. Hg. Carl Einstein. Berlin 1980 (zuerst 1925)

 

Zwerg Riese Krieg

 

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