urücklassen  Eine Jungfrau war schön anzusehen, stark und mit vollen Brüsten, den Frühling in ihrem Gange und Licht in ihren Augen. Aber ihre Aufgabe lag noch vor ihr. Das Licht in ihren Augen wurde noch heller, ihr Schritt schneller, sie war den jungen Männern gegenüber bald keck, bald furchtsam und teilte ihnen ihre eigene Unruhe mit. Und immer schöner und schöner wurde sie, bis irgendein Jäger sie in sein Zelt nahm, wo sie ihm sein Essen bereitete, für ihn arbeitete und die Mutter seiner Kinder wurde. Und wenn ihre Nachkommenschaft kam, verfiel ihre Schönheit. Ihre Glieder wurden langsam und träge, ihre Augen stumpf und trübe, und nur die kleinen Kinder freuten sich noch an der runzligen Wange der alten Squaw am Lagerfeuer.

Ihre Aufgabe war gelöst. Nur eine kurze Weile, und bei der ersten Hungersnot, beim ersten langen Marsch würde sie zurückgelassen,  mit einem Häufchen Reisig im Schnee. - Jack London, Das Gesetz des Lebens. In: J.L., Die konzentrischen Tode. Stuttgart 1983. Die Bibliothek von Babel Bd. 14, Hg. Jorge Luis Borges

Zurücklassen (2)  Am 30. September 1901 erwartete ich Moravagine auf einem Seitenweg im Wald, zweihundert Meter von der Parkmauer entfernt. Einige Tage zuvor war ich nach Kolmar gefahren und hatte einen Tourenwagen gemietet. Ich hatte Moravagine alles besorgt, was er zur Flucht brauchte. Pünktlich um zwölf Uhr mittags sollte er über die Mauer springen. Er kam nicht. Ich wurde schon unruhig. Da höre ich einen gräßlichen Schrei. Ich sehe meine Bestie heranlaufen, mit einem blutigen Messer in der Faust. Ich stoße ihn in den Wagen, wir fahren ab. Er schreit mir ins Ohr: »Ich habe sie besessen!« - »Was? Wen?« - »Das kleine Mädchen, das hinter der Mauer Reisig sammelte.«

Das war der Beginn einer langen Kreuzfahrt durch alle Länder der Erde, die über zehn Jahre gedauert hat. Moravagine ließ überall Frauenleichen zurück. Aus purer Laune oft.   - (mora)

Zurücklassen (3)  Damals spielten wir Uns-ernst-nehmen. Weißt du, das Schreckliche an jenem Augenblick der Jugend ist ja, daß in einer dunklen, namenlosen Stunde alles aufhört, ernst zu sein, um der schmutzigen Maske der Seriosität zu weichen, die man vor das Gesicht legen muß, und jetzt bin ich der Doktor Sowieso, und du der Ingenieur Sowieso, brüsk haben wir uns selbst zurückgelassen, beginnen wir uns mit anderen Augen zu sehen, auch wenn wir eine Zeitlang noch die Rituale, die gemeinsamen Spiele, die Essen unter Kameraden beibehalten, mitten in der Auflösung und der Aufgabe unsere letzten Rettungsgürtel auswerfen, und alles ist so schrecklich natürlich.  - Julio Cortázar, Die Nacht auf dem Rücken. Die Erzählungen Bd. 1. Frankfurt am Main 1998

Zurücklassen (4)

 

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Verwandte Begriffe
VerlassenheitLiegenlassenAbreise
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