urückhaltung
Es gibt nichts im Verhalten unserer nächsten Verwandten
unter den Primaten, was die Vorstellung einer angeborenen weiblichen
Zurückhaltung in geschlechtlichen Dingen stützt. Schimpansinnen,
zumal Pygmäenschimpansinnen, streben genauso offen nach sexueller
Befriedigung wie die Männchen. Sie
kopulieren abwechslungshalber mit einem Männchen nach dem anderen
und treiben es anschließend mit ihresgleichen. Dieses Verhalten
gewinnt für die Beurteilung der menschlichen Situation noch zusätzlich
an Bedeutung, wenn man die anatomische Grundlage für das gesteigerte
Geschlechtsbedürfnis der Pygmäenschimpansinnen in Rechnung stellt
- die starke Ausbildung der Klitoris und die Fähigkeit der Weibchen,
rasch hintereinander mehrere Orgasmen zu erleben. Wenn Frauen
von Natur aus geschlechtsscheu sind, warum verfügen sie dann
über die Anlage zu mehr Orgasmen, als ein einzelner Mann ihnen
überhaupt verschaffen kann? Außerdem ziehen, wie bereits erwähnt,
Millionen von Frauen ihre Kinder ohne Mann auf und haben zahlreiche
Liebhaber nebst einer Reihe von zeitweiligen Lebensgefährten.
Ähnliche, eine Art Vielmännerei betreibende, frauenzentrierte
Haushalte sind in vielen Teilen der Welt vor allem unter den
großstädtischen Armen verbreitet. Diese Haushalte entwickeln
sich da, wo die Männer nur gerade so viel verdienen, daß sie
für sich selber aufkommen können. Möglicherweise wird man geltend
machen, daß den Frauen in diesen frauenzentrierten Familien wegen
ihrer Armut gar nichts anderes übrig bleibt, als sich promiskuitiver
zu verhalten als Frauen in monogamen Familien, und daß, wenn
sie einen Mann fänden, der wohlhabend genug wäre, sie und ihre
Kinder zu erhalten, sie den Tugendpfad erfolgreicher Fortpflanzung
wandeln und zur Monogamie zurückkehren würden. Wenn die Frauen
sich zwischen Vielmännerei in Armut und Monogamie in relativem
Wohlstand entscheiden müssen, dann werden sie wohl, wie ich zugeben
muß, sich der Disziplin der Einehe unterwerfen. Aber angenommen,
wir schaffen gleiche Bedingungen! Angenommen, die Frauen können
sich zwischen Monogamie im Wohlstand und Vielmännerei im Wohlstand
entscheiden! Was dann? - (
mensch
)
Zurückhaltung (2) Die Sorgenfreiheit und
mit ihr auch wohl die Unbehutsamkeit, welche der Rausch
bewirkt, ist ein täuschendes Gefühl vermehrter Lebenskraft;
der Berauschte fühlt nun nicht die Hindernisse des Lebens, mit deren Überwältigung
die Natur unablässig zu tun hat (worin auch die Gesundheit besteht), und ist
glücklich in seiner Schwäche, indem die Natur wirklich in ihm bestrebt ist,
durch allmähliche Steigerung seiner Kräfte sein Leben stufenweise wieder herzustellen.
- Weiber, Geistliche und Juden betrinken gewöhnlich sich nicht, wenigstens vermeiden
sie sorgfältig allen Schein davon, weil sie bürgerlich schwach sind und Zurückhaltung
nötig haben (wozu durchaus Nüchternheit erfordert wird).
- Immanuel Kant, Anthropologie in pragmatischer Ansicht
Zurückhaltung (3)
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