imperlichkeit   Eines Tages geriet ich an einen Fotografen. Er stellte für einen Wüstling in München eine Sammlung der Lasterhöhlen von Paris zusammen. Er wollte wissen, ob ich ihm mit heruntergelassener Hose und in sonstigen Stellungen Modell stehen würde. Ich dachte an die mageren, kleinen Mickerlinge, die wie Hotelpagen und. Botenjungen aussehen die man gelegentlich in den Auslagen kleiner Buchläden auf pornographischen Postkarten sieht, diese geheimnisvollen Gespenster, die in der Rue de la Lune und anderen übelriechenden Vierteln der Stadt hausen. Der Gedanke, meine Gestalt in Gesellschaft dieser Elite zur Schau zu stellen, behagte mir nicht sehr. Da mir aber versichert wurde, die Fotografien seien für eine streng private Sammlung bestimmt und gingen nach München, erklärte ich mich einverstanden. Wenn man nicht in seiner Heimatstadt ist, kann man sich kleine Freiheiten erlauben, besonders wenn es sich um ein so edles Motiv handelt wie den Verdienst des täglichen Brotes. Schließlich, wenn man es sich recht überlegte, war ich sogar in New York nicht so zimperlich gewesen. Dort hatte es Nächte gegeben, in denen ich so verdammt verzweifelt war, daß ich auf die Straße gehen und in der Nachbarschaft betteln mußte. - Henry Miller, Wendekreis des Krebses. Reinbek bei Hamburg 1966 (zuerst 1934)
 
 

Empfindlichkeit

 

  Oberbegriffe
zurück 

.. im Thesaurus ...

weiter im Text 
Unterbegriffe

 

Verwandte Begriffe
Synonyme