erliner Zimmer Else Lasker-Schüler hatte jeden Kontakt zur Umwelt und den Vorgängen draußen in der Welt verloren. Der Krieg muß für sie etwas Unvorstellbares und auch völlig Unverständliches gewesen sein. Sie hat mich manchmal im Café aufgefordert, sie in ihre Wohnung zu begleiten.
Ich erinnere mich an ein typisches Altberliner Zimmer, mit einem kleinen
Podium am Fenster, wie das früher war in der guten alten Zeit, als die Bewohner
dort ihre Blumentöpfe stehen hatten. Auf diesem Podium saß dann Else Lasker-Schüler
auf einem einfachen Rohrstuhl und sah auf die Straße hinaus und in ihre Welt,
die Kamelstraßen durch die fernen Wüsten, das seit Jahrtausenden angestammte
Land des Prinzen von Theben. Sie sprach vor sich hin und überließ sich den bunten
Träumen oder sie rezitierte Gedichte oder las aus Briefen vor, die sie durch
Kuriere zu senden beschlossen hatte und die niemals abgeschickt worden sind.
Der Besucher saß etwas abseits am Tisch in der Mitte des Zimmers und hörte zu,
stundenlang und voller Ehrfurcht. - Franz Jung, Der Weg nach unten. In: Franz Jung, Schriften, Bd. 1,
Salzhausen / Frankfurt am Main 1981
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