entralasien
Die Monstrositäten Asiens lassen sich nur
sehr schwer wegerklären. Manche verwerfen sie als mythischen
Unsinn und reihen sie in die gleiche Kategorie ein wie Edmund
Lears »Pobble-ohne-Zehen«. Andere erklären sie mit rein ethnographischem
Instrumentarium. Die Netzfüßer tragen Schneeschuhe, die kopflosen
Humpty-Dumpties Anoraks und so weiter. Aber sie sterben
nicht aus. Auch nüchterne chinesische Chronisten und die ersten
europäischen Reisenden, die im dreizehnten Jahrhundert nach Zentralasien
kamen, berichten von ihnen. Die Hunde-Jung waren Nomaden, gegen
die die Chinesen kämpften. »Das Aussehen dieser Menschen ist
wie das von Hunden.« Es gab die Kuei: »Diese Leute haben das
Gesicht eines Menschen, aber nur ein Auge«; und es gab »wilde
Menschen mit behaarten Körpern und herabhängenden Brüsten«. »Dies
sind die Dinge von der Nordostecke bis zur Nordwestecke«, schrieb
der Autor des Shan-hai-ching nicht später als gegen Ende
des ersten Jahrtausends vor Christus, »die Unterschenkellosen
... die Langbeinigen ... die Einäugigen — diese Menschen haben
nur ein Auge, welches auf der Mitte ihrer
Stirn sitzt... die Ju-Li — diese Menschen haben eine Hand
und einen Fuß«. Andere Quellen berichten
von den »Zehenspitzengängern« und den »Bauchlosen«. Die Annalen
der Bambusbücher sprechen von König Mu (aus der Tschu-Dynastie),
der nach Westen über den Wandernden Sand (die Wüste Gobi) und
das »Land der Federhaufen« hinaus drang. Rund zweitausend Jahre
später schrieb Bischof Ivo von
Narbonne in einem Brief, der von panischem Schrecken zeugt, daß
den Mongolen Batu bei seinem Einfall nach Ungarn Krieger mit
Hundeköpfen begleiteten. - Bruce Chatwin, Der Traum des
Ruhelosen. Frankfurt am Main 1998 (Fischer-Tb. 13729, zuerst
1996)