auberkraut 'Affân
und Bulûkija zogen mit der Schlangenkönigin
bis zu den Bergen, auf denen die Zauberkräuter wuchsen. Dort gingen sie mit
ihr bei allen Krautern umher, und ein jedes Kraut begann zu reden
und seine Kraft kundzutun, mit Erlaubnis Allahs
des Erhabenen. Während sie so dahinwanderten und die Krauter rechts und links
von ihnen ihre Kräfte kundtaten, hub auf einmal ein Kraut an und sprach: 'Ich
bin das Kraut, das einem jeden, der mich nimmt und preßt und mit meinem Safte
seine Füße salbt, die Kraft verleiht, über alle Meere in der Welt Allahs des
Erhabenen dahinzuschreiten, ohne die Füße zu netzen.' Als 'Affân das Kraut so
reden hörte, setzte er den Käfig von seinem Kopf herunter, und beide pflückten
von jenem Kraut so viel, wie sie nötig hatten; dann zerdrückten und preßten
sie es und füllten den Saft in zwei Flaschen, die sie aufbewahrten. Mit dem,
was noch übrig war, salbten sie ihre Füße. Darauf nahmen Bulûkija und 'Affân
die Schlangenkönigin und zogen mit ihr Tag und Nacht weiter, bis sie wieder
zu der Insel kamen, auf der sie wohnte; dort öffnete 'Affän den Käfig, und die
Schlangenkönigin schlüpfte hinaus. Als sie nun in Freiheit war, sprach sie zu
den beiden: ,Was wollt ihr mit diesem Safte tun?' Sie
antworteten ihr: ,Wir wollen damit unsere Füße salben, auf daß wir die sieben
Meere durchqueren können und zum Grabe unseres Herrn Salomo gelangen und den
Siegelring von seinem Finger ziehen.' Doch die Schlangenkönigin rief: ,Ihr seid
weit davon entfernt, daß ihr den Siegelring gewinnen könntet!', Weshalb? fragten
die beiden; und sie antwortete ihnen: .Weil Allah der Erhabene jenen Ring dem
König Salomo als Geschenk verliehen und ihn allein dadurch ausgezeichnet hat,
da er zu Ihm sprach: ,O Herr, gib mir ein Königreich, wie es keiner nach mir
besitzen soll; denn du bist der Allspender!' Wie sollte jener Ring an euch kommen?'
Dann fuhr sie jedoch fort: ,Wenn ihr das Kraut genommen hättet, das jeden, der
von ihm ißt, leben läßt bis zum ersten Posaunenstoße, und das unter jenen Kräutern
steht, so wäre es besser für euch gewesen als das, was ihr erhalten habt; denn
dadurch werdet ihr euer Ziel nicht erreichen!'
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1001
)
Zauberkraut (2) Des Abends sucht Ngurangurane im Wald Kräuter; die Kräuter, die man kennen muß. Den dreiblättrigen Kela, die Disteln mit den glühenden Spitzen, den stark riechenden Osim, den Ka mit dem bitteren Saft und noch viele andere. Dann zerreibt er in seinem Mörser jedes Kraut und jeden Baum, er singt und mischt Hyänensaft darein.
Wenn alles eine zähe Masse gibt, gut vermischt ist, bedeckt Ngurangurane
seine ganzen Körper damit. Sein ganzer Körper ist überzogen, und keiner darf
hinsehen, keiner ihn betrachten; der Tod ist dem Neugierigen gewiß. Zauberischer
Sang tönt lange Zeit; da verwandelt sich Ngurangurane, Federn wachsen auf seinem
Körper: er war Mensch, er wird Falke, er wird Geier, seine Arme sind Flügel,
seine Beine sind Klauen, seine Finger haben Krallen. Er ging als Mensch, als
Vogel fliegt er fort; sehr hoch, sehr hoch in die Lüfte. Unter den Wolken schwebt
er, und sein rasender Flug trägt ihn über die feindlichen Dörfer. Unsichtbar
hört er die Beratung. Er zählt die Krieger, er kennt den Weg, den sie gehen
werden, die Pfahlspitzen, die sie einrammen. Er folgt ihrem nächtlichen Marsch,
und wenn er zu seinem Dorf zurückkommt, von Neuem als Mensch, führt er seine
Krieger, zernichtet die Anschläge des Feindes und siegt. Ngurangurane ist ein
großer Häuptling, der Häuptling der Fang. - Afrikanische Märchen
und Legenden. Hg. Carl Einstein. Berlin 1980 (zuerst 1925)
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