Medeia, die da drüben, in der jenseitigen Welt zu Hause war und zur Sippe des Helios gehörte, hielt ihren Einzug mit Iason in dessen Heimat, und die Menschen bekamen nun bald die Macht einer Herrin des Jenseits zu spüren.
Man erzählte von ihr, sie vermochte durch Tötung und Zerstückelung
Neugeburt und Verjüngung zu bewirken: etwas
Ähnliches, wie jenes war, was Dionysos
angeblich durch die Titanen erlitten hatte. Es
war eine düstere, unterweltliche Handlung, die man im Kultus mit einem Opfertier
unternahm: in früheren Zeiten wohl öffentlich, später im geheimen, Medeia hatte
schon ihren Bruder auf solche Weise geopfert. Noch schauerlicher mußte es erscheinen,
wenn die Körperteile des zerstückelten Opfers, das den Gott darstellte, in einem
Kessel, nach einem ausführlicheren Ritus, gekocht wurden. Es war aber dann doch
tröstlich, wenn erzählt wurde, daß die Sonne selbst an jedem Abend in einen
Kessel - die Dichter nannten ihn zuweilen einen »goldenen Becher« - einging,
mit ihm über den nächtlichen Okeanos fuhr und am Morgen verjüngt aus ihm hervortrat.
Man kennt die Geschichte, wie Helios seinen Kessel dem Herakles
für die Fahrt zu Geryoneus überlassen hatte. Die Geschichten vom Zauberkessel
der Medeia schließen sich an die Reihe der Erinnerungen an ein solches Gefäß
an: ein Opfergefäß im Kult, ein Wundergefäß für die Erzähler, aus dem einst
Pelops und vor ihm sicher schon ein göttlicher Knabe lebendig hervorsprang.
- (kere)
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