auberfräulein    Die Türe des Gemaches flog klirrend auf, ein Ritter in leuchtender Silberrüstung schritt herein. - »Triff den, Kolbein, töte den!« rief das Zauberfräulein. »Heerdegen ist wohl beinahe tot, aber mit dem Fremden sind ihrer ja schon wieder drei.« - Geschwungnen Beiles schritt Kolbein nach der Tür, der Fremde hob den Schildrand zum Schutz über das Haupt, und hielt die Klinge etwas gesenkt, zum entscheidenden Schlage von unten auf bereit, sobald sein Gegner sich verhauen habe. - Indem sie noch so einander gegenüberstanden, sähe Gerda zitternd auf des Fremden Silberrüstung, zitternd in sein Antlitz, das mutig aus dem aufgeschlagnen Helmsturz hervorflammte, und rief, plötzlich in die Mitte der beiden Kämpfer tretend: »Halt!« - An unbedingtes Gehorchen vor seiner Herrin gewöhnt, senkte Kolbein die furchtbare Waffe, der Silberritter stand noch zögernd und etwas mißtrauend still, da neigte Gerda ihr Knie vor ihm, sprechend: »O bist du es selbst, du mächtiger Held? Du Erkorner zum König des Harzgebirges, und zum göttlichen Herrscher an meiner Seite! Denn wenn ich Freia bin, so bist du gewißlich der mutige Götterjüngling Tyr. Oder was wir noch nicht sind, werden wir doch zweifelsohn in kurzem sein.« — »Frau«, sagte der Fremde, indem er sie mit höflich ritterlichem Anstande emporrichtete, »ich weiß nicht, was Ihr von mir wollt. Bleibt mir mit Euern heidnischen Götternamen fort, davon ich nichts wissen will, dieweil ich ein guter Christ bin. Auch mag und kann ich nimmer ein König des Harzgebirges werden, denn ich erkenne den Kaiser des heiligen deutschen Reiches für meinen Lehnsherrn, und mich für seinen Vasallen. Das haben meine Ahnen beständig getan, und ich, der ich den Namen Graf Archimbald von Walbeck führe, will diese ehrliche Benennung weit lieber festhalten, als mich durch zaubrisches Gaukeln zu einem solchen Herrscher und Götzen machen lassen.« - »O du kennst die rechte Herrlichkeit eines Harzköniges noch gar nicht«, rief Gerda aus. »Hoch oben auf dem Gipfel des Brockens wollen wir thronen, eine Burg erbauend, die mit ihren ungeheuern Schwibbogen, ihren kühnen Warten, ihren feierlichen Toren und hallenden Gemächern ihresgleichen in der ganzen bewohnten Welt nicht findet. Da schauen wir aus den luftigen Fenstern, über die schwindligen Zinnen, weit in die Gauen des deutschen Landes hinein, und so weit wir schauen, ist alles uns pflichtig auf Zins und Dienst. Was sie des Besten und Schönsten haben, sollen sie hier herein bringen in das Harzgebirg, ihre edelsten Söhne und Töchter uns senden als dienstbare Ritter und Frauen, oder wir suchen sie mit unsern Stürmen und Hagelwettern heim, werfen ihre Schlößlein zu Boden, und reiten mit feurigen Rossen über deren Trümmer hin. Unten am Fuße des Berglandes sollen grimmige Riesen und Drachen unsre Leibwache halten, zwar nur aus giftigen Nebeln geformt, aber doch ertötend, und alsbald in unergründliche Schlüfte versenkend, wo einer andringen will ohne unsern Vergunst. Wen wir aber hereinrufen und aufnehmen, der soll es gut haben, und leben, wie die Götter auf Asgards heitern Höhen. Kampf und Minne gehen alsdann im seligen Wechselspiel durch unsre Täler, Sonne, Stern und Gewölk müssen uns dienen, unsre Feste zu feiern, und vorzüglich, wenn alljährlich um die Lenzeszeit unser großer Hofhalt auf dem Brocken beginnt, wenn die Völker nach uns heraufziehen, reiche Opfergaben in den Händen, und die Flamme unsrer Anbetung auflodert in den Hallen der Burg, zu gleicher Zeit von allen Höhen und Wohnungen des Gebirgs.«

»Um Gott, haltet ein!« unterbrach sie Archimbald. »Wie kann ein Weib doch nur so engelschön aussehn, und so diabolische Worte vorbringen!« - Friedrich de la Motte Fouqué, Der Zauberring. München 1984 (zuerst 1813)

Zauberfräulein (2) Sie schleichen sich in jede Art von Neigungen anderer ein, indem sie Ehrbarkeit, Frömmigkeit, Barmherzigkeit, Unschuld erheucheln, die für sie die Mittel zu täuschen sind, und sooft ihnen die äußeren Fesseln genommen werden, rennen sie in die größten und schändlichsten Verbrechen. Diese sind es, die im anderen Leben Magierinnen (magae) oder Zauberinnen (praestigiatrices) werden, von denen es einige gibt, die man Sirenen nennt; und dort ergreifen sie Künste, die in der Welt unbekannt sind: sie sind wie Schwämme, die abscheuliche Kunstgriffe einsaugen, und mit solchem Geschick, daß sie dieselben mit Gewandtheit ausüben können. Die in der Welt unbekannten Künste, die sie dort erlernen, sind: daß sie wie anderswo reden können, so daß man eine Stimme wie von guten Geistern, an einem anderen Ort hört; daß sie zu gleicher Zeit gleichsam bei mehreren sein können, indem sie so andere bereden, sie seien gleichsam überall gegenwärtig; daß sie reden wie mehrere zugleich, und an mehreren Orten zugleich; daß sie das, was von guten Geistern und auch von engelischen Geistern einfließt, abwenden und alsbald auf verschiedene Weise zu ihren Gunsten verkehren können; daß sie die Gestalt (similitudinem) eines anderen annehmen können durch Vorstellungen, die sie auffangen und ausprägen; daß sie jedem eine Neigung zu ihnen einflößen, indem sie sich in den eigentlichen Zustand der Neigung des anderen einschleichen, sich plötzlich dem Anblick entziehen und unsichtbar werden. Sie können vor den Geistern eine weißglänzende Flamme ums Haupt darstellen, und zwar vor mehreren, was ein engelisches Zeichen ist; Unschuld heucheln auf verschiedene Arten, auch indem sie Kinder vorstellen, die sie küssen. Sie geben auch anderen, gegen die sie einen Haß haben, ein, sie sollen sie umbringen, weil sie wissen, daß sie doch nicht sterben können; nachher klagen sie dann diese als Mörder an, und breiten es aus. Sie regten aus (meinem) Gedächtnis alles auf, was ich Böses gedacht und getan hatte, und zwar in sehr geschickter Weise. Als ich im Schlaf war, redeten sie ganz wie aus mir mit anderen, so daß die Geister beredet wurden, und zwar Falsches und Unflätiges; und so mehreres dergleichen. Ihre Natur ist so suggestiv, daß man in ihr nichts Zweifelhaftes ahnt, daher ihre Vorstellungen nicht, wie die der anderen Geister, mitgeteilt werden. Auch haben sie gleichsam Schlangenaugen, wie man sagt, indem sie mit ihrem Gesicht und ihrer Vorstellung überall gegenwärtig sind. Diese Zauberinnen oder Sirenen werden hart gestraft. Einige in der Gehenna, andere in einem Hof (curia) unter Ottern. Andere durch Verziehungen und verschiedene Zusammenstoßungen mit dem größten Schmerz und Qual. Im Verlauf der Zeit werden sie ausgeschieden und werden vom Kopf bis zur Ferse wie Totengerippe. - Emanuel Swedenborg, Himmlische Geheimnisse

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