auberernase
Ich teilte Kurtis hohe Meinung von Bertinis Zauber-Künsten, aber
ich hatte nicht gewußt, daß der Meister damit zu so viel Geld gekommen war,
daß er einen Assistenten finanzieren konnte. Ich habe Bertinis Arbeit - es waren
die ersten Anfänge seines öffentlichen Wirkens - in der U-Bahn kennengelernt
und zwischen zwei Stationen am rechten Nerv erfahren. Er kam - er war noch jung
- wie irgendeiner in den Wagen und wäre wahrscheinlich keinem Fahrgast weitere
Blicke wert gewesen, hätte er eine andere Nase im Gesicht getragen. Bertini
setzte sich auf die Bank mir gegenüber, und während alle in meiner Reihe sich
vergeblich mühten, an seinem riesigen Riechorgan vorbeizusehen, begann er seine
breiten, von feuerroten Pusteln bedeckten Nasenflügel zu betasten, versuchte
schließlich, den prallsten Pickel mit den Daumennägeln auszudrücken. Obwohl
die U-Bahn lautstark rüttelnd durch eine Kurve
fuhr, platzte die Pustel hörbar auf. Sofort nach diesem pfloppenden Geräusch
floß grünliche Flüssigkeit über Bertinis Nasenspitze. Der Eiter tropfte ihm
auf Kinn und Brust, schleimte in einer Menge aus dem Pickelloch, die seinem
Ursprung gar nicht angemessen war - und eben dieses übertriebene Maß des eklen
Flusses verhinderte, zusammen mit der Größe unseres Ekels, daß wir, die Fahrtgenossen,
Bertinis auserwähltes Publikum, an der Erscheinung Echtheit zweifeln konnten.
- Georg Klein, Barbar Rosa. Eine Detektivgeschichte. Berlin
2001
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