ähneputzen   »Ich habe meinen Mädchen immer gesagt, sie sollen sich dreimal täglich die Zähne putzen, dabei hab ich sie mir immer nur zweimal am Tag geputzt. Hätte ich nur auf mich gehört. Doch, ich hab noch alle meine Zähne. In einer Zigarrenkiste, zusammen mit meinen Gallensteinen und meinem Trauring.«

Aus Ms. Leighs Zimmerecke kam ein Laut, der unverkennbar ein Lachen war.

»Was ist daran so komisch?« fragte Miss Firenze.

»Pardon. Ich wollte eigentlich husten.«

»Warum tun Sie's dann nicht? Sie haben gelacht.«

»Hat es sich wirklich so angehört? Ich habe von jeher einen sehr merkwürdigen Husten, wahrscheinlich milieubedingt.«

»Sie hat für alles eine Erklärung«, sagte Miss Firenze zu Michael. »Und mit diesen großen Worten will sie bei mir nur Eindruck schinden. Irgendwann geb ich ihr doch einen Tritt in den Hintern und schmeiß sie raus. Haben Sie gute Zähne, Herr Pfarrer?«

»Leidlich.«

»Und wie oft putzen Sie sie?«

»Wenn ich gerade dazu komme.«

»Lächeln Sie mal.«

Er gehorchte verlegen. Ihm wurde klar, daß er plötzlich der Situation nicht mehr Herr war und die alte Dame, verrückt oder nicht, die Zügel in die Hand genommen hatte. - Margaret Millar, Banshee die Todesfee. Zürich 1987 (zuerst 1983)

Zähneputzen  (2)  Morgens, wenn ich aufstehe, putze ich mir natürlich die Zähne. So drückte ich denn ein etwa anderthalb Zentimeter langes Würstchen Zahnpasta auf die Bürste, steckte die Bürste in den Mund, rieb kräftig und nahm dann, den Mund noch voller Schaum, einen Schluck aus dem Wasserhahn. Ich sage das nur, um zu bedeuten, daß ich eben alles so tat, wie sonst auch.

Ich spülte mir den Mund und spuckte. Aber da kamen nun statt des gewohnten unappetitlichen Gemischs sie heraus, nämlich die Wörter. Ich weiß nicht, wie ich mich erklären soll: es waren Wörter, doch sie lebten und glitschten hierhin und dorthin ins Waschbecken, das zum Glück leer war. Eines rutschte aus und wäre beinahe im Abflußrohr verschwunden, fing sich aber wieder und konnte sich retten. Sie schienen quicklebendig und fröhlich zu sein, obwohl ein wenig närrisch: sie drehten sich im Kreis, wie das bisweilen die jungen Kaninchen im Käfig oder die jungen Fischotter in den Stromschnellen machen. Dann entschlossen sie sich, zum Spiegel hinaufzuklettern. Nicht gerade zum Spiegel: sie wollten sich zur Spiegelkonsole hinaufhangeln, und es gelang ihnen auch ausgezeichnet, ich weiß nicht wie. Und hier merkte ich, daß sie auch redeten, beziehungsweise in höchsten Fisteltönen schrien, obwohl dies für meine Ohren nur ganz leise klang. Auf der Konsole vollführten sie eine Menge Ballette, possierliche Gebärden und Verneigungen, als stünden sie auf einem Bühnenpodest, und dann machten sie Zeichen, denen ich entnahm, daß sie mich sprechen wollten. - (land2)

Zähneputzen  (3)

- Miguel Almagro

Zähneputzen  (4)  Es näherten sich die Schritte, und der Mann schloß die Hand fest um den Eisenstab.

Er hörte, wie die Tür des Badezimmers geöffnet wurde, und nach ein« Weile das Rauschen der Toilettenspülung. Jetzt öffnete er die Tür wieder einen Spalt und blickte hinaus.

Durch das Rauschen des Wassers hörte er das eigentümliche Gekrächze, das jemand von sich gibt, wenn er beim Zähneputzen gleichzeitig zu singen versucht. Darauf folgte das Gurgeln, Räuspern, Spucken und dann wieder das Lied, jetzt deutlicher, schrill und laut.

Er erkannte das Lied, obwohl die Darbietung gräßlich falsch war und er es vermutlich in den letzten 25 Jahren nicht mehr gehört hatte. Er meinte sich erinnern zu können, daß es «Das Mädchen in Marseiile» hieß.

«... aber dann in einer Nacht, wenn der Mond über dem Mittelmeer steht, liege ich tot in einer Gasse des Hafenviertels ...» schallte es aus dem Badezimmer, während die Dusche zu brausen begann.

Er trat hinaus in den Windfang, bewegte sich auf Zehenspitzen behutsam auf die halboffene Badezimmertür zu. Das Rauschen der Dusche konnte den Gesang nicht übertönen, der von prustendem Schnauben unterbrochen wurde.

Der Mann mit der Eisenstange in der Hand blickte in das Bad.

Er sah den sich rötenden fetten Rücken mit zwei dicken Wülsten, die zwischen den runden Achseln über dem Schulterblatt hingen, und die Stelle, wo sich die Taille hätte befinden müssen.

Er blickte auf die schlaffen Hinterbacken, wabernd über bleichen, faltigen Oberschenkeln, und auf die Krampfadern in den Kniekehlen und den knotigen Waden.

Er hatte den feisten Nacken vor sich und den Schädel, der rosa zwischen dünnen Streifen schwarzen Haares hindurchschimmerte.

Und während er das alles sah und die wenigen Schritte auf den Mann, der in der Badewanne stand, zutrat, fühlte er Ekel und Abscheu in sich aufsteigen. Er hob die Eisenstange und ließ sie mit der ganzen durch seinen Haß gesteigerten Kraft auf die Schädeldecke niedersausen.

Die Füße des fetten Mannes rutschten auf der glatten Emaille nach rückwärts, während er gleichzeitig vornüber stürzte. Der Kopf schlug dumpf gegen die Kante der Badewanne, und dann legte sich der Körper mit einem schmatzenden Laut unter dem Strahl der Dusche zu Ruhe.

Der Mörder beugte sich vor, drehte die Wasserhähne zu und stellte fest, daß sich Blut und Hirnsubstanz mit dem Wasser mischten und in den Ablauf wirbelten, der zur Hälfte von dem großen Zeh des Toten verdeckt war.

Angeekelt griff er nach einem Frotteehandtuch und trocknete damit wie Mordwaffe ab, warf das Handtuch auf den Kopf des Toten und steckte die Eisenstange in seinen feuchten Jackenärmel.  - Sjöwall / Wahlöö, Die Terroristen. Reinbek bei Hamburg 1979

 

Zahn Mundhygiene

 

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