urmfresser  Felosio ist hinter den breiten indischen Farnen versteckt; er sitzt auf der feuchten, nach modrigem Laub duftenden Erde und bohrt zerstreut in der Nase. Dann wühlt er in der Erde, auf der Suche nach Würmern. Am liebsten mag er die langen, platten und geschmeidigen; gierig führt er sie zum Mund und verzehrt sie ohne Eile, schlürft sie wie Spaghetti. Während er ihn schlürft, windet sich der Wurm, der ihm aus dem Mund hängt, blind, unempfindlich und schleimig; manchmal kringelt er sich die Wangen hinauf bis zu den zarten Ohren des Halbwüchsigen, schweifender Annelide auf dem bleichen, vom Patrizierblut kaum geäderten Antlitz.

Das Appartement liegt im Erdgeschoß eines prunkvollen alten Palais. Die Decken weisen illustre Signaturen auf; zu beiden Seiten der Türen tragen Säulen aus kostbarem Marmor feuervergoldete Architrave; die Fußböden dagegen sind mit einer dicken Schicht fetter schwarzer Erde bedeckt, die eine üppige und vielfältige Vegetation nährt, Pflanzen mit exotischen Namen und Aussehen, unter die sich Felosio mit seinen animalischen Melancholien flüchtet. Der junge Aristokrat liebt die Erde, er treibt sogar Liebe mit der Erde, zwischen den weichen Wurzeln und den fetten Würmern. - J. Rodolfo Wilcock, Das Stereoskop der Einzelgänger. Freiburg  1995 (zuerst 1972)

 

Wurm Fressen

 

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