Wunsch, dritter    Hunger und Durst sind gestillt; ich gehe weiter, da packt mich mit einmal eine furchtbare Angst. Vielleicht ist das alles eine Prüfung, vielleicht muß ich das Kind erlösen, vielleicht habe ich alles schon falsch, vielleicht aber bisher noch richtig gemacht und bin im Begriff, das Werk zu verderben! Gewiß habe ich nur drei Wünsche frei, doch vielleicht muß ich auf den letzten verzichten, vielleicht ist es falsch, überhaupt zu gehen, vielleicht ist es falsch, etwas Eignes zu tun! So bleibe ich stehen, doch da wanden die Sonne; sie klimmt den Himmel hinauf, und ich sehe, daß der Wald um mich wächst! Noch etwas höher, und die Sicht ist verloren; erschrocken schreite ich wieder aus, und da stockt die Sonne, doch im Maß, da sie höher steht, sticht sie heißer, und die Kiefern ragen nun schenkelhoch.

Nicht Hunger noch Durst, doch jetzt werde ich müde; ich kann die Beine kaum mehr heben, aber ich darf ja nicht stehenbleiben und habe, das weiß ich nun sicher, nur noch einen Wunsch frei. - Wünsche dir doch, zu Hause zu sein! - doch gleichzeitig sagt mir eine Stimme, daß eben das die Falle ist! So schleppe ich mich torkelnd hin; die Sonne brennt; der Horizont wandert; kein Schatten; Taumeln; grüne Irre; Stunden verrinnen, Tage, Wochen -: Besser das Falsche als nichts getan! - Ich wünsche, ich wäre zu Hause! rufe ich, da teilt sich ein drittes Mal der Boden, und klein wie zuvor erscheint das Kind und sagt mit unendlich trauriger Stimme: Da bist du doch die ganze Zeit! Es lächelt voll Wehmut und ist schon verschwunden; ich breche zusammen; steigende Sonne, und mich mit seinen Nadeln durchbohrend, überwächst mich der stumme, glühende Wald. - Franz Fühmann, Dreizehn Träume. Berlin 1991. In: F. F., Der Mund des Propheten. Späte Erzählungen (AtV 75, zuerst 1983)

Wunsch, dritter (2)  »Wollan«, begann der listige husar, »so wünsche ich mir denn einen festen, ledernen sack voller ducaten; der soll aber nie leer werden!« Das geschah flugs. »Nicht einmal ein riemen zum umhängen ist dran«, nörgelte der husar, um zeit zu gewinnen. »Komm, komm zum II., zum II..«, sagte der böse, »was ist da viel nachzudenken?«
»Wanns drum sein soll«, begann schön langsam der husar, »dann bring mich sogleich von dieser felseninsul« — darauf war er tatsächlich durch ohngünstige winde verschlagen — »gradaus durch die luft an die regenspurger donaubrücke und in die schenke hinein, wo die fährleute immer ihr fahrgeld verjubeln!«
»Steig schon auf«, sagte der falsche engel und zog seine flügel mit schnallen fest. Und wirklich, kaum daß der husar wußte, wie ihm geschah, so waren sie auch schon über meer und alpen und zu Regenspurg in besagter schenke, versteht sich, am schönsten tisch. Der teufel hatte seine flügel wieder abgeschnallt und sah zu, daß er sie ohngesehen verbergen konnte. Ganz wie ein redlicher mensch tat er, obgleich seine Intentionen nichts weniger als gottgefällig waren.
»Die scharfe luft überm gebirg hat mir durst gemacht«, begann der husar, der sich kaum niedergesetzt hatte, und rief nach wirtshaus und wein. »Komm, komm«, ohngeduldete sich aufs neue der schlechte täuscher, »schieß nur los, tapferer husar, mit deinem III.. und letzten wunsch. Wir wollen doch nicht unsre gute zeit— sowas ist unter ernsthaften Handelsleuten kein brauch — mit wirtshaus, wein und ähnlichen schnupfereien vertrödeln!«
So ist eben der teufel! Er verleugnet selbst die nützlich-keit des schnapsbrennens, wann es ihm in den bauch-laden paßt.

ii piastren ist die minute wert
cxx darum eine stund beschert

»Deinen schuß sollst du haben«, rief der frische husar, ersprang mit diesen worten behend den tisch und ließ aus vollem herzen einen großmächtigen furtz aufsteigen. »Hast du das gehört?« fragte er den bösen widersacher, der mit schiefen augen dasaß. »Ja«, meinte dieser und wußte nicht recht, worum es ging-
Aber der tapfere husar fuhr alsbald fort: »Diesen, du rußiger feuerflotzler, fang du mir ein und mach ihm einen doppelten knöpf in den schwänz!«
Darob wurde der teufel vor schäm und zorn blaß wie barchent und fuhr—die tur war ihm zu entlegen — gleich durchs offene Fenster hinaus und verschwand in der abendluft.  - (hus)


Wünsche Drei



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