underheiler   Er verwandelte sich in einen Huaxteken, kam als solcher mit unverhüllten Geschlechtsteilen und verkaufte grüne Pfefferschoten, indem er sich auf den Markt, außen vor die Tür des Palastes setzte. Uemac (der weltliche Herrscher der Tolteken) hatte eine Tochter, die war sehr schön und wurde von vielen Tolteken zum Weibe begehrt; aber Uemac wollte sie niemand überlassen, gab sie niemand zum Weibe. Und die Tochter Uemacs sah nach dem Markte und erblickte den nackten Huaxteken. Nachdem sie ihn gesehen, ging sie ins Haus hinein und wurde krank, schwoll am ganzen Leibe an - so gelüstete es sie nach dem Huaxteken. Uemac erfuhr alsbald, daß seine Tochter krank sei, und sprach zu den Weibern, die sie hüteten: »Was hat sie gemacht? Wie ist es gekommen, daß meine Tochter so angeschwollen ist?« Da erwiderten die Weiber, die sie hüteten: »Der Huaxteke, der grüne Pfefferschoten verkauft, hat sie behext, hat in ihr Begierden erregt. Damit hat es angefangen, und daher hat sie ihre Krankheit.« Da befahl König Uemac und sprach: »Tolteken! Es möge der Huaxteke, der den grünen Pfeffer verkauft, gesucht werden. Er soll sich zeigen.« Es wurde in der ganzen Welt nach ihm gesucht, und als niemand gefunden wurde, schrie der Herold vom »Berg des Schreiens« herab: »Tolteken! Wenn ihr irgendwo den Huaxteken, der grünen Pfeffer verkauft, erblickt, so führt ihn her! Der Herr sucht ihn.« Darauf suchten ihn alle; sie gingen überall hin und kehrten Tollan um und um. Als sie es müde geworden waren, ihn zu suchen, und ihn doch nirgends finden konnten, brachten sie dem König Nachricht, daß sie ihn nirgends entdeckt hätten.

Da aber erschien er von selbst wieder und setzte sich an derselben Stelle nieder, wo er sich zuerst gezeigt hatte. Als die Tolteken ihn gesehen hatten, kamen sie eilends zum König, ihn zu benachrichtigen, und riefen: »Der Huaxteke ist wieder da!« Uemac sprach: »Er soll gleich herkommen.« Da gingen die Tolteken schnell, ihn zu holen, und führten ihn vor das Antlitz des Königs. Der sprach zu ihm: »Wo bist du zu Hause?« Der Huaxteke antwortete: »Ich bin ein Huaxteke und verkaufe mein bißchen Pfeffer.« Der König fragte ihn: »Wie kommt es, Huaxteke, daß du so herumläufst! Binde dir eine Schambinde vor oder nimm dir eine Hülle um!« Jener erwiderte ihm: »So haben wir es aber von jeher gehalten.« Und der König sprach zu ihm: »Du hast in meiner Tochter Begierde erregt, du mußt sie davon heilen.« Darauf sagte der Huaxteke: »Mein Fürst, das wird nicht geschehen können. Töte mich, laß mich sterben! Was mutest du mir zu? Nein! Ich bin nur ein armseliger Pfefferhändler!« Der König sprach: »Nein, du mußt sie heilen! Sei ohne Furcht! Besuche meine Tochter an dem Orte, wo sie behütet wird.« Als der Huaxteke zu ihr hingegangen war, schlief er bei ihr, und die Tochter wurde wieder gesund. - (azt)

Wunderheiler (2)  Er sagte sich ziemlich kühl: »Wenn ich es schaffe, schaffe ich es. Wenn ich es nicht schaffe, schaffe ich es nicht - und die Frau muß sterben. Aber ich werde es tun. Das spür ich in mir. Das spür ich in mir.«

Worauf Mr. Geard diese ganze Weile beständig sein Denken gerichtet hielt, war jener Riß, jene Ritze, jener Schlitz in der Zelt, durch den das Zeitlose - seit fünftausend Jahren in dieser Gegend bekannt als Kessel, Horn, Krater, Brotkörbchcn, Brunnen, Henkelkrug, Platte, Kelch und sogar als namenloser Stein - die Naturgesetze überwunden hatte! In Wirklichkeit brachte Mr. Geard - weil er praktischer und skrupelloser als Sam Dekkcr war - diesen urewigen Fetisch mit dem Absoluten in Verbindung, und zwar mit Dessen schöpferischer Energie, klar von Dessen zerstörerischer geschieden. Sam, in seiner Leidenschaft für den Gekreuzigten, stellte sich gegen den Urgrund als Etwas in Seiner Grausamkeit so Böses, daß ein Mensch Ihm widerstehen, Es verfluchen, Ihm trotzen und damit nichts zu schaffen haben sollte. So weigerte sich Sam, der Heilige, in seinem Abscheu vor dem Bösen, Gebrauch zu machen von der Güte Gottes; und diese Weigerung behinderte ihn in seiner gegenwärtigen »Alles-oder-Nichts«-Existenz beständig. Mr. Geard andererseits war darauf eingestellt, sich dieses doppelsinnigen Beherrschers des Kosmos ohne den leisesten Skrupel zu bedienen.

Mr. Geard fing jetzt zufällig den Klang eines Kiebitzrufs auf, ein Klang, der zu seinen liebsten Vogelrufcn gehörte, denn er verband ihn mit gewissen eigentümlichen Feldern an der Straße von Montacute nach Yeovil, dazu empfand er ihn, während dieser ihm an diesem kritischen Punkt zu Ohren kam, als ein überaus segensreiches Omen. Gleichzeitig mit diesem Ruf, der nicht wiederholt wurde, bemerkte er mit tiefster Zufriedenheit, daß Tittie Petherton gähnte! »Ich hab's geschafft!«, sagte er sich, und unter Anspannung aller Nerven in seinem Wesen, Körper und Seele zusammen, zwang er sich, jenen Krebs als etwas ins Auge zu fassen, auf das er Pfeil auf Pfeil vernichtender, verdorrender und tödlicher Kraft richtete. »Großartig wäre es, ihn zu sehen«, sagte er sich, während seine nun in brennendstem Ungestüm leuchtenden Augen die arme Frau jeden Fetzens ihrer Kleidung entledigten.

Seine Gedankenpfeile wurden jetzt zu einem Speer - der blutenden Lanze der ältesten Sagen von Carbonek - und in einem plötzlichen Erzittern seiner erhobenen nackten Arme fühlte er, wie er diese schreckliche Waffe in den ärgsten Feind aller Frauen stieß! »Ich hab's geschafft«, wiederholte er zum zweiten Mal, als er sah, wie Tittie ganz allmählich die Augen zufielen.

Und dann schüttelte es Mr. Geard, und die Zähne begannen ihm zu klappern.

Wahrscheinlich hatte er letztlich keinen Erfolg gehabt, wenn ihm nicht in jenem Augenblick die tatsächliche Vision eines winzigen, lebendigen Fangarms jenes mörderischen Oktopus unter dem Fleisch der schlafenden Frau in den Kopf gekommen wäre. Mit einem schrecklichen Aufwuchten seiner fülligen Gestalt, seiner Verdauungs-, Lungen-, Rückgrat- und Phalluskräftc, wobei er sich sogar auf Zehenspitzen vom Kies am Grund des Quells abhob, stieß er diese blutende Lanze seiner Gedanken in den halbtoten Krebs.

Dann beugte er sich wie der Stamm eines Baums bei heftigem Sturm vor, bis seine Stirn die Wasseroberfläche berührte. Von dieser Oberfläche hub er an, in langen, keuchenden und gurgelnden Zügen genug Wasser hinunterzuschlucken, um den Durst des Suchenden Untiers zu stillen. »Blut Christi!« sprudelte er hervor; und es war das erste Mal während dieses gewaltigen Kampfes, daß ihm sein Lieblingsausdruck über die Lippen gekommen war. Dann entfuhr den Tiefen seiner Kehle aber noch einmal seine letzte Äußerung wie ein wahrhaftiges Grunzen jenes Suchenden Untiers, und beinahe unverständlich stiegen die Worte vom eisenhaltigen Wasser auf. »Ich hab's geschafft!« seufzte Mr. Geard zum dritten Mal.  - (cowp)

 

Wunder  Id genus omne

 

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Wunderdoktor