ürfelspiel  Einem Würfelspiel hat Platon das Leben verglichen: es reicht nicht hin, glückliche Würfe zu tun, man muß sie auch zu nutzen wissen. Das Werfen steht freilich nicht in unserer Gewalt. Aber daß man die Gaben des Geschicks auf eine gute Art annehme und einer jeden den Platz anweise, an dem sie unsere Eigenart am stärksten fördern kann, an der das Nichtgewollte uns am wenigsten schaden mag, das ist allerdings unser Werk, wenn uns Klugheit leitet. Wer törichten Sinnes dem Leben gegenübersteht, der gleicht den Kranken, die nicht Hitze und nicht Kälte vertragen können. Das Glück hebt sie empor, das Unglück stürzt sie wieder. Glück wie Unglück bringen ihnen nur Unruhe, die meiste Unruhe aber schaffen sie sich selbst im Glück wie im Unglück, und am meisten in dem, was die Menschen Glück nennen. Theodoros, den man den Gottesleugner hieß, sagte, seine Zuhörer nähmen die Lehren, die er ihnen mit der Rechten reichte, mit der Linken entgegen. So machen es auch die Toren. Wenn das Glück zu ihrer Rechten tritt, so greifen sie unschicklich genug mit der Linken nach ihm. Aber wie der Thymian trotz seiner herben Schärfe den Bienen Honig schenkt, so weiß auch der Weise aus den größten Verdrießlichkeiten oft Gutes und Nützliches zu gewinnen.

 In solcher Haltung sollte man sich also mit Sorgfalt üben, wie ein Junge, der nach einem Hund werfen wollte und statt dessen seine Stiefmutter traf, sagte: »So war es ja auch nicht übel!«   - (plu)

Würfelspiel (2)  «Wer ist dran?» fragt Rostkopp-Charly und blickt sich überall um. «Du natürlich, du, Charly», sagt der Lange Nig, der die Bank hält, augenblicklich und reicht Charly ein Paar Würfel, obgleich ich hinterher erfahre, daß sein Freund mitten beim Versuch ist, eine Neun zu würfeln, als wir an den Tisch treten. Alle sind sie mäuschenstill und gucken nur auf Charly. Mich beachtet keiner, weil mich alle kennen, daß ich immer nur so mit dabei bin, und niemand denkt, ich bin im geringsten bei Charly beteiligt, obgleich mir Harry das Roß einmal einen Blick zuwirft, der meinem Blutdruck bestimmt nicht gut bekommt, und auch anderer Leute Blutdruck nicht gut bekommen würde, was das betrifft.

Also, Charly nimmt die Würfel und dreht sich zu einem kleinen Kerl mit einer Melone um, der in seiner Nähe steht und sich noch kleiner macht, damit Charly ihn nicht bemerken soll, und Charly nimmt dem kleinen Kerl die Melone vom Kopf, schüttelt die Würfel in seiner Hand und wirft sie in den Hut und macht «Ha!», wie die Würfelspieler immer tun, wenn sie würf ein. Dann linst Charly in den Hut rein und sagt: «Zehn», obgleich er aber keinen anderen in den Hut reingucken läßt, nicht mal mich, so daß niemand weiß, ob Charly nun tatsächlich eine Zehn wirft oder was sonst.

Aber natürlich wagt von den Brüdern keiner zu mucken und anzuzweifeln, daß Rostkopp-Charly eine Zehn wirft, weil Charly taxieren könnte, das ist dasselbe, als ob man ihn für einen Lügner hält, und Charly ist so ein Kerl, der es unter Umständen wenig schätzt, wenn man ihn einen Lügner nennt. - Damon Runyon, Schwere Jungen, leichte Mädchen. Reinbek bei Hamburg 1961 (rororo 197, zuerst 1932)

Würfelspiel (3)  Unter den Gästen war der junge Herzog von Cheshire, dessen Großonkel, Lord Francis Stilton, einst hundert Guineen mit Oberst Carbury gewettet hatte, daß er mit dem Geist von Canterville Würfel spielen würde. Am anderen Morgen war er, auf dem Boden des Spielzimmers liegend, in solch hilflosem gelähmten Zustand gefunden worden, daß er, obwohl er bis in ein hohes Alter hinein lebte, niemals mehr fähig war, mehr zu sprechen als «Sechser Pasch». - Oscar Wilde, Das Gespenst von Canterville, in: O. W., Lord Arthur Saviles Verbrechen. Stuttgart 1984 (Bibliothek von Babel 30, Hg. Jorge Luis Borges)

Würfelspiel (4)  

Spiel

 

Oberbegriffe
zurück 

.. im Thesaurus ...

weiter im Text 
Unterbegriffe

 

Verwandte Begriffe
Zufall
Synonyme