ohnstube
In der Kälte war der Vater, wie ein Senne, gewöhnlich von der Treppenhöhe der
Studierstube herabgezogen und hielt zur Freude der Kinder sich in der Ebene
der allgemeinen Wohnstube auf. Am Morgen saß er an einer Fensterecke und lernte
seine Sonntag-Predigt auswendig und wir drei Brüder Fritz (das bin ich selber)
und Adam und Gottlieb (denn Heinrich kam erst gegen das Ende des Joditzer Idyllenlebens
dazu) trugen abwechselnd die volle Kaffeetasse zu ihm, um noch froher die leere
zurückzuholen, weil der Träger die ungeschmolzenen Reste des gegen Husten genoßnen
Kandiszucker frei aus ihr nehmen durfte. Draußen deckte zwar der Himmel alles
mit Stille zu, den Bach durch Eis, das Dorf mit Schnee; aber in der Wohnstube
war Leben, unter dem Ofen ein Taubenstall, an den Fenstern Zeisig- und Stieglitzenhäuser,
auf dem Boden die unbändige Bullenbeißerin, unsere Bonne, der Nachtwächter des
Pfarrhofs, und ein Spitzhund und der artige Scharmantel, ein Geschenk der Frau
von Plotho, - und darneben die Gesindestube mit zwei Mägden; und weiter gegen
das andere Ende des Pfarrhauses der Stall mit allem möglichen Rind-, Schwein-
und Federvieh und dessen Geschrei; unsere auch vom Pfarrhofe umschloßne Drescher
könnt' ich mit ihren Flegeln auch rechnen. So von lauter Gesellschaft umgeben
brachte nun leicht der ganze männliche Teil der Wohnstube den Vormittag mit
Auswendiglernen nahe neben dem weiblichen Kochen zu. -
Jean Paul, Selberlebensbeschreibung
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