ohnhaus  Die Welt meinet wohl, sie stehe jetzt im Flor, weil sie das helle Licht hat über sich schweben, aber der Geist zeiget mir, daß sie mitten in der Höllen stehe. Denn sie verlässet die Liebe und hanget am Geize, Wucher und Schinderei; es ist keine Barmherzigkeit bei ihr.

 Ein jeder schreiet: Hätt ich nur Geld! Der Gewaltige sauget dem Niedrigen das Mark aus den Beinen und nimmt ihm seinen Schweiß mit Gewalt.

  In Summa, es ist nur Lügen, Trügen, Morden und Rauben, und heißt wohl recht des Teufels Nest oder Wohnhaus.

 Das heilige Licht ist jetzo nur eine Historia und Wissenschaft. Der Geist will darinnen nicht arbeiten, und vermeinen, das sei der Glaube, den sie mit dem Munde bekennen.

 O du blinde und törichte Welt, voll des Teufels! Es ist kein Glaube, daß du weißt, daß Christus für dich gestorben ist und hat sein Blut für dich vergossen, daß du sollst selig werden. Es ist nur eine Historia und Wissenschaft. Der Teufel weiß es auch wohl, es hilft ihm aber nichts, also auch du törichte Welt, lässets bei der Wissenschaft bleiben, darum wird dich deine Wissenschaft richten.

 Willst du aber wissen, was der recht Glaube sei, so merke: Dein Herz muß nicht mit den vier Söhnen des Teufels inqualieren in Hoffart, Geiz, Neid, Zorn, Wucher, Schinden, Schaben, in Lügen, Trügen und Morden, dem Nächsten den Bissen vor Geiz aus dem Halse reißen und nur Tag und Nacht auf List sinnen, wie du möchtest dem Hoffart-Geiz-Neid-und Zornteufel wohl hofieren und genugtun, dich in weltlichen Lüsten zu üben.

 So spricht der Geist in seinem Eifer des Zorns Gottes in dieser Welt: Weil dein Geist und Willen mit den vier Lastern des Teufels inqualieret, so bist du nicht ein Geist mit Gott, und wenn du mir gleich alle Stunden deine Lippen bötest und deine Knie vor mir beugtest, so mag ich doch deiner Arbeit nicht, ist doch dein Odem ohne das immer vor mir. Was soll mir der Weihrauch im grimmen Zorne? Meinest du, ich wolle den Teufel in mich lassen oder wollte die Hölle in Himmel heben?   - (boe)

Wohnhaus (2)   Das Haus, in dem ich wohne, ist einfach, abgelegen und ziemlich ruhig; ich wohne hier schon seit vielen Jahren und vermutlich werde ich an diesem Ort, für den ich nichts Genaues empfinde, auch zu existieren aufhören müssen. Somit ist das Haus, in dem ich lebe, auch ein Grenzübergang, der dem Nichts am nächsten gelegene Ort von allen, die ich je kennengelernt habe. Ich weiß nicht, ob ich das Haus, in dem ich wohne, eigentlich kenne, und ich kann nicht leugnen, es ist für mich ein vergeblicherweise problematischer Ort, beinahe ein Labyrinth, aber von einem spielenden Kind entworfen, das dann unter empörenden Umständen ums Leben gekommen ist. Wenn ich sage, daß ich nicht weiß oder, genauer gesagt, in Wahrheit nicht weiß, was das Haus, in dem ich wohne, eigentlich ist, so meine ich nicht, daß ich keinerlei Vorstellung von seiner Form und seiner Größe habe; sondern daß die Form und die Größe nur Teile meines Hauses sind und vielleicht nicht einmal die wichtigsten.   - Giorgio Manganelli, Kometinnen und andere Abschweifungen. Berlin 1997
 

Haus

 

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