ochenende
Wo ch e nd e mit südländischen Hilfsarbeitern auf staubigen
leeren Straßen und an Ecken,Amseln und abbestellte Blechkarambolagen,odu-leck-Frisuren
mit deutschem Maulschleim in Zimmern und aus offenen Fenstern,so'ne alte
Guckkastenschau ist das Wochenende,so'ne leere Asphaltstrasse,und man
meint,die ganze Atmosphäre ist gelähmt.Aufgesummtes überall,das dich ansummt,Zusammenhänge,duellistische
Gesichter,oder bloß was Verzogenes,das Körper genannt wird. Sex blättert
in Zeitschriften auf,einfarbiges Gequalle für die Augen,das Hirn zuckt
und zuckt,am Ende kommt das weiße Papiertaschentuch mit Mentholgeruch zum
Vorschein. Und wie die Zeit rumspringt,immerzu im Kreis. Und was entsteht
in der Fantasie? Straßenzüge,Häuserfronten,Stadtpläne,ab&zu ein Baum,da
überlege ich,wohin,und komme zu keinem Ende lch trete schließlich ins Grüne
und da steht sofort'n Mensch.Das Mensch,diese Sache da,vor dem Grünen,bleibt
stehen.Das ist doch glatt verrückt. Nein,er kaleidoscopiert nicht,steht
bloß rum und glotzt.Ich schiebe ein neues das heißt anderes Lichtbild davor.
Schichten
von Bildern,Eindrücken,Schichten von Wörtern(die immerzu sich in Laute
auflösender Luft macht das nichts aus. Im Hintergrund dieser Szene steht
ein Hochhaus.Und vor dem Hochhaus liegen Ackerfurchen.Da,das Gesträuch,hängt
ganz voll Abfälle?Macht nichts,ich schiebe ein anderes Dia davor.Die Em
otion war ziemlich dünn.Ich mußte das zugeben.Ein Grund lag ja auch nicht
vor.Es war eben nur Wochenende.Auf dem Tisch lag AscheDDie Flasche Rotwein
hatte einen Henkel.Als ein Bus vorbeifuhr,zitterte der Fußboden.Da brach
auf einmal was Sonnenlicht durch.Ich plazierte ein größeres Bruchstück
richtig an die Zimmerwand./Erinnerungen an Aufenthalte in Köln,sind das
nicht Erinnerungen an schmierige Pommes Frites?Mitten in einem rasenden
bunten Verschwinden von Sonnenlicht.Ein Kellner hustete dem Gast am Tisch
ins Gesicht,während er dampfende Kartoffeln brachte.Ich hatte Druck wegen
der durchgebrannten Glühbirne in der Küche,und das Ende der Geschäftszeit
näherte sich,wo gabs noch die So oder hundert Watt?Füße in Schuhe gestürzt,Ärmel
langgestoßen,an den Gesichtsku lissen im Treppenhaus vorbei und durch die
Tür nach 22 Uhr verschließen.Weg da mit den Muffköpfen,aus filzigen Langhaaren
glosten Fernsehserien,Blumenwasser hingekübelt,die üblichen Schlepper,die
ihre Fleischpumpen abholten,die in den letzten Minuten weißkittlig herumsuckten.Die
Gesamtsituation hatte inzwischen draußen etwas von der Hektik eines nahen
Schlaganfalles,und der Schlaganfall kam auch dann prompt Ladenschluß.Fast
schlagartig trat dann wieder die Öde ein,eben Lähmung anderthalb Tag,gut
verordnet.Einzelne Schaustücke nakter Körperteile hingen um die Haltstelle,in
offizielle Blöße fragmentarisierte Körper,deren Gesichtsteile man gar
nicht ansehen mag./Nicht nur eine gute Geige weiß ein paar flinke
Finger sehr zu schätzen?/Rundumblick:KIrchenglockenekel schwemmte
ran,weckten Assoziationen an die Wortjauche der Religionen,die Mimik der
Kontakte war nicht zu genießen,bald saß fast alles wieder vor der Glotze
wie
erstarrt in einem Naturgeaetz,Der Hordenzauber eierte Große Welt kanalisiert
kühl in die Abtritte der Wohnzimmer,der Wohneinheiten,der Vorortbuden,und
Fantomfressen furzten politische Wörter in junge Familien.Die 100 Watt-Birne
hatte ich noch schnell bekommn und daraufhin sah ich mir die ausgehängten
Artikulationen der deutschen Volksseele an: fernsehsau,gefickter mastdarm
der illustrierten,ekliges sülzgehändel,eingemachter mensch,und sonst!???
kinoscheißer,plattenpopler, buntgestrickter pullover,du hund, du tourist,du
vieh,du geseiche,vergammeltes bleichgesicht,du kaufmann,knispel,elender
glasscherben& talkumschnupfer ,du gehängter,arbeiter,du arbeiter,bastard,blöder
konzertgeiger,du -
Rolf Dieter Brinkmann, Erkundungen
für die Präzisierung des Gefühls für einen Aufstand: Reise Zeit Magazin
(Tagebuch). Reinbek bei Hamburg 1987
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