itzforscher Ich
sage das nicht, um witzig zu erscheinen, aber was aus Freuds
Aufsatz ›Der Witz und seine Beziehung zum Unbewußtem‹am klarsten hervorgeht,
ist, daß Freud kein witziger Mensch war. Die Schlußfolgerung, zu der er nach
einer ziemlich ermüdenden Analyse gelangt, war uns aus dem französischen Sprichwort
diseur de bons mots, mauvais caractère längst vertraut - auch wenn dieses
Sprichwort sich auf den Salonplauderer bezieht, der ein sozusagen berufsmäßiger
Erfinder und Erzähler von Bonmots ist und vom Typus her demjenigen gleicht,
der den Frauen anderer Männer die Hand küßt und die eigene Frau prügelt und
den ein sizilianisches Sprichwort definiert als »Spaßmacher auf der Straße,
Kummermacher zu Hause«. Natürlich zählen Leute wie der Herzog von Saint-Simon,
Voltaire, Diderot, Flaubert, die Brüder Goncourt und Renard
nicht zu diesen diseurs de bons mots — von ihnen ist in Freuds Werk auch
nicht oder kaum die Rede. Bezeichnenderweise wird darin als quantitativ produktivster
Autor von Witzen vielmehr Georg Christoph Lichtenberg genannt, der von
sich selbst sagte: »Ich betrachte die ganze Welt als eine Maschine, die nur
den einen Zweck hat, mich meinen Schmerz und meine Krankheit auf jede nur mögliche
Weise fühlen zu lassen. Ein pathologischer Egoist! Welch ein trauriger Zustand!«
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(scia)
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