Wischen   Der Betrunkene grinste. Von irgendwo zog er eine Pistole. Die Bewegung war so schnell, daß man nur ein Wischen wahrnahm. Er hielt sie ruhig, und er sah nicht betrunkener aus, als ich es war. Der große Dunkle stand regungslos, dann riß er den Kopf mit einer ganz knappen Bewegung etwas zurück und verharrte wieder bewegungslos.

Draußen raste ein Wagen vorbei. Die Waffe des Betrunkenen war eine automatische Pistole zum Scheibenschießen, mit einem großen Visier vorn am Lauf. Sie schnappte zweimal kurz und hart auf, und ein bißchen Rauch stieg aus ihrem Lauf - aber nur sehr wenig.

»Mach's gut, Waldo«, sagte der Betrunkene.

Dann richtete er die Pistole auf den Barmann und mich.

Es schien eine Woche zu dauern, bis der große Dunkle umfiel. Er stolperte, fing sich wieder, wedelte mit einem Arm, stolperte noch einmal. Sein Hut rutschte ihm vom Kopf, dann fiel er mit dem Gesicht auf den Boden. Als er dalag, hätte er aus Beton gegossen sein können, so lebendig wirkte er.

Der Betrunkene glitt von seinem Stuhl, grabschte seine Münzen und steckte sie in die Tasche. Dann glitt er zur Tür. Er bewegte sich seitwärts, hielt seine Waffe vor dem Körper auf uns gerichtet. Ich hatte keine Pistole bei mir. Ich hatte es für überflüssig gehalten, sie einzustecken, nur um ein Glas Bier zu trinken. Der Bursche hinter der Bar bewegte sich nicht und gab nicht den geringsten Laut von sich.

Der Betrunkene berührte die Tür leicht mit seiner Schulter, und ohne uns aus den Augen zu lassen schob er sich rückwärts hinaus. Als er die Tür öffnete, fuhr ein Windstoß in das Lokal und wehte das Haar des Mannes auf dem Boden hoch. Der Betrunkene sagte: »Der arme Waldo. Ich fürchte, er hat sich die Nase blutig geschlagen.«  - Raymond Chandler, Gefahr ist mein Geschäft. Frankfurt am Main und Berlin 1966

 

Bewegung

 

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