irrwarr  Nach erbitterten Kämpfen habe ich mich, im Glauben an Dostojewskij, mit der Vaterschaft abgefunden. Aber jetzt stellt sich eine schwere Verwirrung der Gefühle ein. Ich erinnere mich, wie meine Katze ihre ersten Jungen warf (sechs): Ich beobachtete geradezu gierig die sieben Tiere, und manchmal nahm ich nachts einen niedrigen Stuhl, um sie in jener Art Höhle, in der sie sich aufhielten, bequemer beobachten zu können; besonders aufmerksam betrachtete ich die winzigen Bewegungen der noch blinden Kätzchen, ich sah ihnen beim Trinken zu, lauschte ihrem feinen Piepsen, ertastete ihre Weichheit und Wärme etc. Und natürlich fühlte ich mich von einer unendlichen Süße durchdrungen und erstickt und von einer Lust nach Gewalt; ich hätte diese kleinen Geschöpfe erwürgen können, sie an die Wand werfen und was weiß ich noch alles.
Aber worauf es ankommt, ist, daß ich, mag es absurd scheinen oder nicht, in jeder Hinsicht ihre Partei ergriff, das heißt mich voll und ganz mit ihnen identifizierte. Mangels Besserem übrigens, denn meine Sehnsucht, die Zeit zurückzudrehen, zurückzukehren, wenn nicht zum uranfänglichen Nichts, so doch zum selbstvergessenen vorgeburtlichen Leben, mein rationaler und emotionaler Horror vor der Gegenwart und vielleicht auch vor der Zukunft, meine Untauglichkeit zu einer sozialen Existenz und zur Existenz überhaupt hatten schon damals zu dieser Art Imperativ-Formulierung (denn Vers wage ich es nicht zu nennen) geführt: Zurückkehren, zuyrück in den mütterlichen Schoß!
Weitere Prämisse: Angesichts des sehr großen Altersunterschieds bedeutete meine Heirat notwendigerweise eine Vaterehe (eingebildetes und nicht zu praktizierendes Gefühl, und dennoch hinderlich) . — Und doch: Es besteht kein Zweifel, daß ich meine kleine Kreatur mit ebenso großer Gier und vielleicht mit ebenso unersättlichen Gefühlen ausspionieren werde, aber sicher werde ich mich nicht, oder ich müßte es vorsätzlich tun, mit ihr identifizieren können, weil ich ihr Vater bin und auch weil ihre Mutter nicht meine Mutter, sondern vielmehr ein Trugbild meiner Tochter ist. Kurz und gut, daraus ergibt sich ein unverständlicher Wirrwarr; und ich werde auch nicht wissen, wie ich meine rückwärtsgewandte Sehnsucht mit meiner neuen Position in Einklang bringen, das heißt worauf genau ich meinen Komplex von Gefühlen beziehen soll, wie immer sie sein mögen, rein, pervers, konsequent oder widersprüchlich. - (land3)
 
 

Unordnung Verworrenheit

 

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