Wingert  »Bruder Matz Schlehdorn, dessen Seel Gott tröst, ein wahrer Eifrer (oder ich sei des leibhaften Teufels) für unsern Glauben, sagt' mir einst, ich entsinn mich noch wohl, die Ursach war, daß wir um die Zeit den Wein fein einbringen sollten und warten, im Winter aber ihn saugen. So folgt mir dann, ihr Herrn, die ihr den Wein lieb habt, und beim Kreuz Gottes, mir nach! Denn Sankt Tönig soll mich zu Kohlen brennen, wenn der auch nur einen Tropfen sieht, der nicht die Reben wacker beschützt hat. Heilige Marter Gottes! was? das Kirchengut? Ha nein, nein, Teufel! Dafür ließ Sankt Thomas von Engelland sein Leben: und wenn ichs nun auch dafür ließ, würd ich nicht eben auch wie er, ein Heiliger? Aber ich laß es darum noch nit, es sollns für mich wohl andre lassen.«

Mit diesen Worten warf er sein weit Gewand ab und erwischt'  den Kreuzstock, der von hartem Sperbeer-Kernholz, lang wie ein Reisspies, rund in der Faust, und etwas wenigs hie und da mit halb erloschenen Lilien bemalt war. Also in Hosen und Wams fuhr er hinaus, hing seine Kutt als Schärp um die Achsel und strich mit dem Kreuzstock haarscharf unter die Feind, die ohn all Ordnung, Fahnen, Trommeln noch Trommeten, im Garten umher den Wein abzwackten. Denn die Fähndrich und Bannerleut hatten ihre Banner und Fähnlein an die Mauern angelehnt, die Trommler ihre Trommeln oben entledert und mit Trauben geladen, und die Trommeten staken voller Beeren-Büschel. Alles war in bunter Reih. Er aber stieß, ohn einmal Werda! noch Kopf weg! zu rufen, so gröblich darunter, daß er sie links und rechts wie die Schwein darnieder drasch nach der alten Parad. Etlichen zermürst' er das Hirn, andern zerschmiß er Arm und Bein, andern versprengt' er die Wirbel im Hals, andern zermatscht' er die Weichen und Lenden, knickt' Nasen, bohrt' Augen, spaltet' Kiefern, schlug Zähn im Hals entzwei, zerknirscht' die Schulterblätter, sphaselieret' die Schienbein, entheftelt' Hüften, barst Röhren. Wo einer sich unter die dichtesten Rebstöck verkriechen wollt, zerbläuet' er ihm den ganzen Rückgrat und schlug ihn platt wie einen Frosch.

Wenn einer sich durch die Flucht salvieren wollt, gab er ihm eins auf die lambdoidische Commissur, daß ihm der Schädel in Stücken sprang. Wenn einer auf einen Baum stieg und dacht, er war da sicher, spießt er ihn mit seinem Stock von unten durch den Hintern auf.

Wenn einer von alter Kundschaft her ihm zuschrie: »Ha, mein Bruder Jahn, mein Freund, ich ergeb mich, Bruder Jahn!« — »Das mußt du wohl«, versetzt' er, »aber, ergib nur auch dein Seel allen Teufeln«: und gab ihm stracks den Nickfang. Und wo einer sich die Tollheit gar so weit verblenden ließ, daß er ihm offen hält trutzen wollen, da zeigt' er die Kraft seiner Maus und Faust; denn Brust und Herz und Mediastinum durchrannt er ihnen auf Einen Stoß. Andern gab ers auf den Rippen-Schluß, daß ihnen der Magen überschlug, und plötzlich starben: Andre traf er so grimmig an den Nabel, daß die Kutteln barsten; andern bohrt' er den Mastdarm durch die Geilen an. Glaubt nur, es war das greulichste Spektakel, so je ersehen ward.

Etliche ruften Sankt Barbara, etliche zum Ritter Sankt Jörgen, etliche Sankt Schonemein, andre unsre Liebfrauen von Cunault, von Laureto, von der guten Mähr, von Lenou und von Rivière. Einige gelobten sich zum Sankt Jakob, andre zum heiligen Schweißtuch gen Chambéry (doch brannts drei Monat hernach so glatt weg, daß man auch nicht ein Fäslein davon hat retten mögen), etliche gen Cadouin, andre zum Sankt Johann von Angeli, zu Sankt Eutropen von Xaintes, zum heiligen Mesmus von Chinon, Sankt Martin von Candes, Sankt Clouaud von Sinays, zu den Reliquien von Jourezay und tausend andern guten kleinen Heiligenmännlein. Etlich starben ohn zu sprechen, andre sprachen ohn zu sterben: Etlich starben sprechend, andre sprachen sterbend. Welche schrieen mit lauter Stimm: »Beicht! Beicht! confiteor, mlserere! In manus.« Es war ein solch Geschrei der Zermetzelten, daß der Prior des Klosters mit all seinen Mönchen selbst hinaus zog; und als sie die armen Leut im Garten so tötlich blessiert und zerbläuet sahen, hörten sie ihrer etlich Beicht. Während aber die Priester sich mit Beichten Zeit und Weil vertrieben, liefen die kleinen Mönchlein dahin, wo Bruder Jahn war, und fragten ihn, worin sie ihm behülflich sein könnten.

Da befahl er ihnen alle die abzufangen, die an der Erd lägen. Worauf sie ihre großen Kappen auf den nächsten Rebhalter warfen und stracks anhuben, die von ihm bereits Zerbläuten vollends zu würgen und abzutun. Und wißt ihr auch, mit was für G'wehr? Mit saubern Kneiflein: das sind die kleinen Taschenmesser, womit die Kinder bei uns zu Land die Nuß schälen. Hierauf pflanzt' er sich mit seinem Kreuzstock in die Bresch, die der Feind gemacht hätt. Etliche Mönchlein schleppten die Fahnen und Banner in ihre Zellen, Hosenbendel draus zu machen. Und wenn die, so gebeichtet hatten, durch selbige Bresch davon ziehen wollten, drasch sie der Mönch mit Streichen darnieder und sprach dabei: »Die haben gebeicht und bereuet und haben den Ablaß davon; sie fahren grad wie ein Sichel gen Himmel, ebenen Pfads wie der Weg auf Faye. Also ward dann durch seine Mannheit der ganze Heereshaufen erlegt, der in den Garten eingefallen, an dreizehntausendsechshundertzweiundzwanzig, ohn Weiber und kleine Kinder: wie sich allzeit von selbst versteht. - (rab)

Wingert (2) In diesem Weingarten werden folgende Tiere gezüchtet: Heu- und Sauerwurm, Kräuselmilbe, Filzmilbe (Weinblattpockenmilbe), Rote Spinne, Bohnenspinnmilbe, Springwurm, Rebstecher (Zigarrenwickler), Rebenfallkäfer, Blattgallenreblaus, Engerling. Damit mehr los ist, wird Wild zum Verbiß eingeladen und werden mittels chemisch verfluchter Dithane, Ortho-Phaltane, Polyrame und Karatane Peronospora und Oidium angesetzt, Roter Brenner und Traubenfäule verbreitet, und am Garteneingang steht ein Böller, der Hagel herbeischießt. Jede dennoch gefüllte Weinbutte wird durch kräftiges Sprühen mit Kupfervitriol vergällt. Der Drahtzaun trägt ein schwarz emailliertes Schild mit weißer Beschriftung: Musterkultur des Antabooze-Verbandes Zwegerndorf.  - (oko)
 
 

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