Windzähne    Nach sechs bis acht Wochen, je nach Regenfall und Wärme, schlüpfen die jungen, noch nicht flugfähigen Larven wie kleine Würmer. Heranwachsend häuten sie sich und streifen dabei jedesmal ihre beengende Hülle ab. Das geschieht auch später noch mehrmals. Sind genügend Tiere beisammen, so werden sie durch die fortgesetzte gegenseitige Berührung wanderlustig. Wahrend sie die Nähe der Artgenossen jetzt förmlich suchen, wechseln sie auch ihre Farbe von gelb über braun zu schwarz, auch zu rot. In riesigen Heeren brechen sie auf und ziehen zu Fuß übers Land. Dabei überqueren sie sogar Gewässer, indem die Ertrinkenden den Nachfolgenden als schwimmende Brücken dienen.

Auch auf ihrem Wanderzug häuten sich die Larven noch mehrmals. Für die letzte Häutung, aus der das erwachsene, flugfähige Insekt hervorgeht, sitzen sie lange unbeweglich an einem Ort. Die neue Haut liegt noch gefältelt unter dem Chitinpanzer, der schließlich am Rücken unter dem Druck von Blut und Luft der Länge nach aufplatzt. Langsam schlüpft dann das Tier aus seiner zu eng gewordenen alten Haut. Seine Flügel sind noch zusammengerollt, doch schon bald strömt Blut in die Flügeladern und spannt sie auf.

Solange die Heuschrecken dort, wo ihre letzte Häutung stattfand, genügend »Ellenbogenfreiheit« haben, bleiben sie, wo sie sind. Erst wenn sich immer mehr Tiere immer häufiger berühren und begegnen, regt sich auch bei ihnen der Wandertrieb - nun jedoch zieht es sie in die Luft. Aus der Ruhephase wird die Wanderphase. Dann brechen sie auf, hungrig, ruhelos und gefräßig. Dabei verlassen sie sich nicht allein auf ihre Flügel. Ihr wichtigstes Transportmittel ist der Wind, der sie, wie die Bibel es nennt, als seine »Zähne« über Hunderte von Kilometern verfrachten kann.   - Theo Löbsack, Das unheimliche Heer. Insekten erobern die Erde. München 1991 (dtv 11389)

Wind Zahn

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