indjacke
«Fallschirm!»... das gilt uns!... hatte ich schon gehört... das
kam von unseren «kanadischen» Mänteln ... die Gören haben uns gepeilt... bald
sind es zehn... zwanzig! ... zeigen alle mit den Fingern auf uns, daß wir mit
Fallschirmen abgesprungen sind!... das Fräulein mit der himbeerroten Mütze hält
sich zurück... ganz einfach ... all diese Gören sind von der Hitlerjugend, sie
haben die Armbinde mit dem Hakenkreuz, die Jugend Hitlers... die Jugend Attilas,
Pétains, Thiers', de Gaulles, morgen Krukrus', Ramses', Daches, sie brauchen
ihnen nur das Abzeichen zu verpassen! sie fühlen sich dann gehoben! liefern
ihnen einen Sack voll Skalps!
Die Hitlerjugend war berühmt für ihre Jagd nach Fallschirmjägern ... ganz
Germanien übrigens war zur Zeit besessen von Fallschirmjägern und Saboteuren!
in allen Zeitungen, ganze Seiten, Pimpf-Helden wurden von Hitler selbst ausgezeichnet!
Eisernes Kreuz mit Diamanten !... Pimpfe und BdM, vom Reichskanzler umarmt...
da kamen wir gerade recht, mit unseren «Windjacken»!... morgen wird Astra-buth
die Pimpfe umarmen, die uns den Kopf abgeschnitten haben, Sie kennen Astrabuth
nicht, die Pimpfe auch nicht, aber da können Sie Gift drauf nehmen, sie sind
schon im Reich geboren, sie fummeln sich schon an den Hosenställen rum... bei
uns war die Jagd auf die Fallschirmjäger in vollem Gange... die Pimpfe kriegten
nicht nur das Eiserne Kreuz, sondern auch eine Prämie: 100000 Mark, und das
Diplom «Stoß-Siegfried» ... uns hatten sie schon auf dem Kieker, wir waren schon
verdammt umzingelt... die Leute, die schon aus dem Bahnhof raus waren, kamen
von der Straße zurück, um uns zu beguk-ken... unsere Gefangennahme durch die
Hitlerjugend!.., das war nicht zum Lachen! Die Leute schlössen sich ihnen an...
und nicht nur Boches, auch Ausländer! alle Sprachen! oh, da hörten wir warmherzige
«da, da!», die uns lieben!... «da! da!», die uns an sich drücken ) und küssen!...
wie glücklich sie sind!... «Paraschütt!» ... noch andere, die das glauben!...
daß wir extra für sie vom Himmel gefallen sind!... ein oder zwei Familien...
sie tragen den Stern «OST» ... «da, da!» .,. wie Iwan sind sie von der deutschen
Armee aus dem Osten hergebracht worden, für die Landwirtschaft, die Entminung
der Straßen, Räumung, Ziegelsteine!... sie sahen ihre Befreiung kommen! weil
wir Windjacken trugen!... sie sahen nichts anderes! wir konnten nur Amerikaner
und Saboteure sein!... waren aber aus Paris, unsere Jacken, von Lilis Näherin,
Mlle Brancion in der Rue Monge... ich brülle ihnen zu: «Von Paris! von Paris!»
... Kokolores! wir sollen unbedingt Kanadier sein!... der ganze Bahnsteig...
die ganze Masse von den beiden Bahnsteigen... drei U-Bahnen voll! nichts zu
machen!... sie sollen doch unsere Jacken ansehen!... das Etikett am Kragen!...
nicht aus New York!... aus der Rue Monge!... «Die Getreideernte ist angesteckt!
die Gleise sind gesprengt worden!» ... was sollen wir sagen?... so ist es und
basta!... für die einen: hurra!... für die ändern: schlagt sie tot!... so wie
sie sich aufputschen, die Pimpfe und Erwachsenen, hab ich den Eindruck, sie
wollen uns bei lebendigem Leibe in Stücke reißen... kerne Möglichkeit, zu verduften,
zu verdunsten ... immer neue schieben an, Horden über Horden!... wenn's noch
die Polizei wäre, könnte man vielleicht alles erklären... aber kein Schupo weit
und breit!... vielleicht holt das Mädchen mit der himbeerroten Mütze Hilfe?...
jedenfalls sieht's übel aus ... außerdem stehen wir enger als im Wagen... die
einen sind glücklich, daß wir «Paraschütt» sind... die ändern, daß diese «Monstren,
Saboteure, Brandstifter» ihnen ausgeliefert sind... ein Ärmel ist mir schon
abgerissen !... dem La Vigue auch!... die werden uns von den Ärmeln aus auffressen!...
wenn das so weitergeht, sind wir bald nackt... - Louis-Ferdinand Céline, Norden. Reinbek
bei Hamburg 2007 (zuerst 1964)
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