iese    Das Wasser war von den grünen braunen Massen streckenweise so bedeckt, daß sie sie umfahren mußten. Manchmal mußten sie die dicken Schichten aufreißen. Tierische Körper waren eingesponnen, mit ihnen verfilzt: tote Ungeheuer, deren Köpfe über den Meeresspiegel traten, lammäßig ruhige Gesichter mit Bärten, blau überspült vom Wasser. Und auf Stunden, wie sich nichts ereignete, wurden die Menschen wieder von dem alten Glücksgefühl überflutet. Alles blieb still bis auf das helle Vogelgeschrei.

In ein Meer von dunkelroter Färbung fuhren sie jetzt. Ganz langsam bewegten sich die Schiffe. Stundenlang ließen sie sich nur treiben. Die Wärme war groß; kein Wind bewegte sich. Über sich an dem strahlenden Himmel sahen sie in großer Höhe schattenhafte Wolkenmassen ostwärts schwimmen. Die Oberfläche des Meeres, burgunderfarben leuchtend, spritzte manchmal Schaum, aber zog sonst gleichmäßig als ein loser und dichter Rasenteppich nach Westen. Der Teppich, aus Meerespflanzen gebildet, war straffer als der braungrüne, den sie durchfahren hatten. Es waren Wiesen, die aus der Tiefe heraufwucherten, bisweilen glitzernd über dem Wasserspiegel hervorragten und Land vortäuschten. Die Wiesen lagen ruhig; bisweilen sah man sie wie Falten eines Kleides sich hochbauschen und wieder glätten. Mit leiser Bangnis blickten die Seefahrer daraufhin, immer in Furcht, daß da ein Riesentier das Meer aufwürfe. Die bunten Vögel, die die Masten besetzten, hockten und sprangen auf der purpurnen Tangwiese unten. Handgroße Steine und Eisenstücke, die man herunterwarf, blieben auf der Wiese liegen. Kleine Tiere, die sonst nicht das Meer bevölkerten, Fledermäuse, sah man sich auf den Rasen senken; leichte weiße Schmetterlinge, die über dem nassen Kraut sich schaukelten, in Scharen die Wiese weißfleckten. Dann lief und ruderte ein schwärzliches Gewimmel duch die Röte. Kleine Tiere, eine Art Ratten, mit bunten Schöpfen auf den Scheiteln. Sie pendelten im Wasser, schwammen dicht beieinander, hielten sich an den Stielen der Algen fest, blickten mit kleinen schwarzen Augen, den Schöpf kammartig aufgestellt, um sich. Zwischen ihnen blaue glänzende Zikaden, die sprangen, aber auch Flügel zu entfalten schienen. Von ihnen stammte das feine durchdringende Piepsen, das, zwischen dem großen gleichmäßigen fernen Rollen und Wühlen, aus den Pflanzenmassen herkam. Auf die Schiffe kletterten die Tiere, vor den Menschen wichen sie aus. Die Menschen selbst flüchteten vor ihnen; sie schrien; ein Hauch von Entsetzen wehte sie an, aber sie lachten wieder, kamen sich wie Kinder vor.

Der rote Teppich zerteilte sich manchmal, dann quoll er wieder zusammen. Immer mehr kleine Tiere überschlüpften die Schiffe, Schmetterlinge und Vögel belagerten Decks und Masten. Im Wasser, wenn der Rasen zerriß, sah man größere gelbe und blauschwarze Wesen schwimmen. Sie ähnelten nicht Fischen, mehr mit ihren blanken glatten Leibern Robben; sie kämpften miteinander und mit mächtigen Weichtieren, Nachtschnecken, die an der Oberfläche des Wassers hingen und da atmeten. Die beiden vorderen Fühler dieser Schnecken waren zu starken warzenbesetzten Armen ausgewachsen; mit denen griffen sie nach unten hängend nach den gelben schwimmenden Tieren, drückten, während sie sie hielten, ihre Saugfüße den schnellenden robbenartigen Wesen an den Leib, die rasch die Farbe verloren. Das Wasser um die Schnecken schlierte immer bunt und trübe.   - (gig)

Wiese (2)  Er trat in die Gewißheit ewiger Jugend und ewiger Kraft ein. Dreitausend Weiber wählte er sich aus, daß sie die unermeßliche Fülle seiner Lenden faßten. Für die Augenblicksregungen seiner sinnlichen Äußerungen gab es achttausend Mädchen. Er glich einer üppigen blühenden goldgelben Wiese, die dampfend mit dem Geruch ihres Paarens den Himmel füllt. - (jah)

Wiese (3) Ich ging durch eine Wiese, im hohen Gras, im Ginster. In dieser Gegend wächst der Ginster besser als der Klee und mergelt die Erde nicht aus die von Natur aus schon mager ist. Der Ginster ist besser als Klee oder Heilkrauter, bitteschön. Vorwärts geh vorwärts, Giuseppe. Gut ich gehe vorwärts und plötzlich spüre ich etwas unter dem Fuß. Es ist sicher ein Baumstamm, das ist zwar merkwürdig in der Ebene von Pavona wo es auf zahllosen Quadratkilometern keinen Baum gibt. Wenn es kein Baumstamm ist irgend etwas Ähnliches. Ich bücke mich und schaue nach, Sacramento

ES WAR DAS BEIN EINES MENSCHEN.

Wir wollen nicht übertreiben ich übertreibe überhaupt gar nichit und am Bein befestigt war der Körper eines Mannes mit durchschnittener Kehle, der im Gras mitten auf der Wiese lag.

Was geschieht nun? Nichts, ich bin davongelaufen. Aber warum gingst du durch die Wiese, wohin gingst du? Zum Turm aus dem Mittelalter, zum Hirten. Giuseppe, liebster Freund, seit zwei Jahren wohnt der Hirt nicht mehr im Turm wohnen jetzt Amerikaner. Sie haben ihn ausgebaut und verbringen die Sommermonate dort auf halbem Weg zwischen Rom und dem Meer. Es ist ein Ehepaar, sie haben vier Kinder. Man kann vieles durcheinanderbringen, aber mit einem italienischen Hirten kannst du sie nicht verwechseln. Man kann noch viel mehr verwechseln mit einem Toten zwischen den Füßen, bitteschön. Eine Katze mit einem Hund einen Hund mit einer Zeitung eine Zeitung mit einem Regenschirm, aber wo gibt es Regenschirme auf einer Sommerwiese wenn die Sonne scheint? Der Regenschirm, wenn es regnet. Giuseppe, lieber Freund, morgen werden alle Zeitungen auf der Seite der Unglücksfälle und Verbrechen davon reden laß sie reden. Die Leute werden anfangen zu tuscheln laß sie tuscheln. Die Polizei wird alles verwechseln laß sie machen. Manchmal hat sie den Mörder mit dem Ermordeten verwechselt und das gefällt mir nicht besonders das heißt das gefällt mir gar nicht.  - Luigi Malerba, Salto mortale. Frankfurt am Main 1987

Wiese (4) Die mitteleuropäische Wiese erhält sich nur dann als eigenständiges Biotop, wenn sie regelmäßig ein- bis zweimal jährlich gemäht wird. Geschähe dies nicht, so würden bald Büsche auf ihr wachsen und später Bäume. Die Wiese würde sich zum Wald zurückverwand ein, aus dem sie - vielleicht nach einem Kahlschlag oder einem Windbruch - einst entstanden war. Wir haben hier eines der seltenen Beispiele dafür, wie der Eingriff des Menschen in die Natur auch einmal Segensreiches schafft, insoweit jedenfalls, als das Mähen solchen Pflanzen und Tieren zugute kommt, die auf das Wiesenbiotop angewiesen sind.

Und das sind nicht wenige. Auf unseren heimischen Wiesen dürften mindestens 60 Pflanzen- und rund 1200 Tierarten zuhause sein, vor allem Insekten. Sie alle gehören zum gleichen Biotop, und dieses Wiesenbiotop ist um so bunter, je kalkhaltiger der Boden unter ihm ist. Übrigens: Übernimmt einmal eine Viehweide das »Mähen«, so geht die Zahl der Pflanzen gleich auf die Hälfte zurück.  - Theo Löbsack, Das unheimliche Heer. Insekten erobern die Erde. München 1991

 

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