idersacher
Er hatte sich in ein Mädchen verliebt, während eines Sommers in Viterbo, wo
er Gast bei einem alten Pfarrer war, der ihm vor seinem Eintritt ins Kloster
Lateinstunden gab. Dieses blonde, immer lächelnde Mädchen mit dem kindlichen
und verlorenen Gesicht begleitete ihn gewöhnlich nach dem Mittagsmahl, um längs
des Wegs, der zum Pfarrhaus führte, Brombeeren zu pflücken. Aber eines Tages
hatte sie ihm gesagt, daß dort wo die Karren vorbeikämen, die Brombeeren mit
Staub bedeckt seien, und hatte ihn durch ein Wäldchen geführt, wo nie jemand
vorbeikam. Ein Vorschlag, den er, bangend und mit verworrenen Hoffnungen, sofort
angenommen hatte. Vor einem großen Brombeerstrauch hatte das Mädchen ihm die
Hand gegeben und ihn gebeten, sie zu stützen, sie würde sonst mitten in die
Dornen fallen. Und um sie besser zu stützen, hatte er sie um die Taille gefaßt.
Das Mädchen hatte aufgehört, Brombeeren zu pflücken, und hatte sich zu ihm umgedreht
und ihm fest in die Augen geschaut, bis sie sich eng umschlungen hielten und
sich küßten. An diesem Punkt wollte er sie ins Gras ziehen, wie es das Mädchen
wünschte, als plötzlich vor seinen Augen die obszöne Fratze des Teufels erschien
und sich über das Antlitz der Schönheit und des Verlangens schob, während sich
ringsherum ein ekelerregender Schwefelgeruch ausbreitete. Das so anziehende
Mädchen hatte sich schlagartig in die gräßliche Gestalt eines haarigen und stinkenden
Ziegenbocks verwandelt. Wie die Väter der Wüste es taten, hätte der junge Diakon
sie gern geschüttelt, diese Inkarnation des Teufels, die sich genau in dem Augenblick
offenbarte, als das Mädchen sich seinen Wünschen ergab, aber er hatte nicht
die Kraft dazu. Ermattet von den Zuckungen der Erregung, stieß er das geradewegs
aus dem Höllenschlund kommende Ungeheuer von sich und ergriff die Flucht. - Luigi Malerba, Die nackten Masken. Berlin 1995
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