etterhahn    1. Fouché wurde im katholischen Geist in den Schulen der Oratorianischen Kongregation erzogen. Für seinen Fleiß und Glaubenseifer wurde er von der Kongregation mit einem Studienplatz für Mathematik und Philosophie belohnt.

2. Die Revolution brach aus. Man wählte ihn zum Deputierten des Konvents. Er trat in freundschaftliche Beziehungen zu den Parteiführern der Girondisten.

3. Er trennte sich von den Gemäßigten und wurde Anhänger der extremen Bergpartei. Im Königsprozeß stimmte er für den Tod des Königs.

4. Der Konvent schickte ihn in die Provinz. Dort zeichnete er sich durch Verfolgung der katholischen Kirche aus. Er ließ die Kirchen schließen und die silbernen und goldenen Kirchengeräte beschlagnahmen. Von den Friedhofstoren ließ er die Aufschrift „Wir werden auferstehen!" entfernen und an deren Stelle „Der Tod ist ein ewiger Schlaf" setzen.

5. Er sah Robespierres Sturz voraus und schloß sich eiligst Tallien an.

6. Der Gesinnungswechsel nützte ihm wenig. Er wurde verhaftet und für eine Zeit hinter Schloß und Riegel gesetzt. Bald erlangte er die Freiheit wieder, schmeichelte sich bei Barras ein und wurde zum Gesandten bei der Zisalpinen Republik ernannt.

7. Das Direktorium war mit seiner Tätigkeit nicht zufrieden und berief ihn zurück. Wieder gelang es ihm, sich reinzuwaschen, und er bekam den Posten, der ihm am besten entsprach: er wurde Polizeiminister. Der ehemalige Anhänger der Bergpartei wurde zum eifrigen Unterdrücker der Freiheit. Er erwarb ein mächtiges Vermögen, witterte Bonapartes Zukunft und wurde der Vertraute Josephines, der späteren Kaiserin.

8. Während des Kaisertums erhielt er von Napoléon den Grafentitel, später den eines Herzogs von Otranto. Als er von der geplanten zweiten Ehe Napoléons Wind bekam, verriet er Josephine und gab dem Kaiser den Rat, sich scheiden zu lassen.

9. Napoléon erzürnte das Doppelspiel Fouchés, der Günstling fiel in Ungnade. Aber auch das war kein Malheur, Fouché sah den Sturz Napoleons voraus und machte gemeinsame Sache mit den Bourbonen. Er wurde ihr Anhänger, doch als er erfuhr, daß Napoléon zurückkehren würde, verließ er Paris und wartete im Hinterhalt die Entwicklung der Ereignisse ab.

10. Während der hundert Tage war er wieder Polizeiminister Napoléons. Er erkannte jedoch, daß Bonapartes endgültiger Sturz unvermeidlich war, und verriet den Kaiser an die Engländer. Dieser Verrat war ein Meisterstück der Intrige, Fouché gab vor, den Plan des belgischen Feldzuges im geheimen an Wellington senden zu wollen, und schickte ihn auch ab, er traf jedoch die nötigen Vorkehrungen, damit der Kurier durch die verschiedensten Hindernisse aufgehalten wurde und zu spät bei den Engländern eintraf. Damit sicherte er sich gegen alle Eventualitäten.

11. Nach Waterloo wurde er Präsident der Provisorischen Regierung. Er brach mit den Bonapartisten und orientierte sich auf den Herzog von Orléans.

12. Als sich Fouché davon überzeugt hatte, daß der Herzog nicht auf den Thron gelangen und die Verbündeten Ludwig XVIII. zurückholen würden, stellte er sich, ohne mit der Wimper zu zucken, in den Dienst des Hauses Bourbon und wurde von neuem Polizeiminister. Der Jakobiner, der für den Tod des einen Bourbonenkönigs gestimmt hatte, als Minister des anderen Bourbonen! - Anon., Lexikon der Wetterhähne, 1815. Nach: Istvan Ráth-Végh, Die Komödie des Buches. Leipzig 1984

 

  Wind Richtung Kirchturm

 

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Wetterfahne