Western     Zwei trailmüde Cowboys, die in eine Stadt einreitcn, Ba-sil Rathbone und S. Z. (<Cuddles>) Sakall. Am Stadtrand stellt sich ihnen der Liliputaner in den Weg, der die Hauptrolle in Freaks gespielt hat. Der mit dem deutschen Akzent. Er ist der Sheriff der Stadt. Er trägt einen riesigen goldenen Stern, der beinahe seine ganze Brust bedeckt. Rathbone und Sakall zügeln ihre Pferde und lächeln etwas befremdet.

RATHBONE: Der kann doch wohl kaum echt sein, oder?

SAKALL: Hoo, hoo! Natierlich is der echt, du verlauster Sichtiger, du host wohl gefressen zuviel von dem verkacktcn Kaktus-Zeug aufm Trail? Host du lieber inhaliern sollen dos scheene Gras, wos ich hob gehobt, hob ich dier gleich gesokt!

RATHBONE (mit seinem nervösen, krankhaften Lächeln): Bitte - ich brauche keine jiddische Mamme. Ich weiß, was echt ist und was nicht.

(Der Liliputaner wirft sich unterdessen in die verschiedensten Harter-Bursche-Posituren und wirbelt ein Paar gigantischer Colts um die Finger.)

SAKALL: Wenn du bist gewesn off'm Trail soi long wie ich - und du weißt auf wus for'n Trail, nisch, du schniffelnder Schlemihl -, donn konnste nebbich unterscheidn 'n echtn Zwergnsherlff vom a' halluzmiertn.

RATHBONE: Ich hatte gar nicht gewußt, daß diese beiden Sorten existierten. Offensichtlich scheinst du überall in diesem Territorium Zwergensheriffs gesichtet zu haben, sonst hättest du diese Kategorie ja wohl kaum aufgebracht. O-oder doch? Hintertrieben genug wärst du ja, um selbst so was zu versuchen.

SAKALL: ‹Du olta Ganeff›, host du noch vergessn.

RATHBONE: Du alter Gauner.

Sie lachen, ziehen ihre Colts und tauschen ein paar verspielte Schüsse. Der Zwerg rennt hm und her, wütend, deutsch akzentuierte Westernismen ausstoßend, wie etwa: <Dicsc Stadt ist nicht groß genug für uns beide!>

SAKALL: Nu, wir sehn ihn beide. Dos heißt, er is echt.

RATHBONE: Von gemeinsamen Halluzinationen hat man hierzulande schon mal gehört, Partner.

SAKALL: Nu, nu, wer sokt, dasses is ne joint hallucination? Hoo, hoo! Wenn es is a hallucination - und ich sog itzt nich, es is-, dannmussescherPeyotesein.OderJimsonWeedvelleicht...

Diese interessante Konversation zieht sich noch eineinhalb Stunden lang hin. Es gibt keine Schnitte. Der Liliputaner ist die ganze Zeit über aktiv und reagiert auf die zahlreichen subtilen und ab und zu regelrecht verblüffenden Argumente, die vorgetragen werden. Die Pferde scheißen hin und wieder in den Sand. Ob dem Zwerg bewußt ist, daß hier über seine reale Existenz verhandelt wird, bleibt im Ungewissen. Eine von den vielen kunstreichen Ambiguitäten dieses Streifens. Schließlich kommen Rathbone und Sakall zu dem Schluß, daß die einzige Möglichkeit der Klärung dieser Frage in dem Versuch besteht, den Liliputaner zu töten, der ihre Absicht jedoch errät und schreiend die Straße hinunter davonläuft. Sakall kriegt einen solchen Lach-krampf, daß er aus dem Sattel und m eine Pferdetränke fällt, und wir erleben eine abschließende Großaufnahme, in der Rathbone sein mehrdeutiges Lächeln lächelt. - Thomas Pynchon, Die Enden der Parabel. Reinbek bei Hamburg 1981

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