erk, modernes   Wenn es schon gar nicht mehr möglich ist, dort noch richtigen Anstoß zu erregen, wo keine Staatsphilosophie durch ihre Autorität unvermittelt die Entscheidung zwischen Orthodoxie und Häresie erzwingt, sondern wo im Gegenteil die schreckliche Verquickung von allem mit allem bei vielen einen Agnostizismus bewirkt, aus dem heraus sie unterschiedslos alle Lehren über Bord werfen, wozu im übrigen die Tatsache beiträgt, daß sich im Maßstab der ungeheuerlichen Skandale, die der heutigen Welt so zur Schande gereichen, kleine Skandale ohne Leichen lächerlich ausnehmen, dann versteht man, daß in weniger bewegten Zeiten solche Neuerungen wie zum Beispiel die Musik Wagners (zu dessen Söhnen Richard Strauss zu zählen ist) oder die impressionistische Malerei (unter anderem mit Edouard Manet) Anlaß sein konnten für Zeter und Mordio: als Hohn auf den gesunden Menschenverstand, als abgeschmackter Witz oder sogar als Anschlag auf die guten Sitten, so erscheint ein im echten Sinne modernes Werk aufgrund dessen, was ihm per definitionem an Provokation eignet, und es ist also nicht erstaunlich, wenn eine entsprechende Schöpfung unserer Tage sich vielleicht ausnimmt wie ein armseliges Machwerk, wie eine obszöne Entblößung oder eine so blasphemische Pappnase wie jener ironische Hieb auf die Erhabenheit des großen Kunstwerks, der dünne Schnurrbart auf der Oberlippe der Mona Lisa (Marcel Duchamp alias Rrose Selavy delineavit).  - (leiris2)