Weltdichter Wie wurmstichisch und durchlöchert das Menschenleben ist, wie ganz und gar auf Betrug und Vorstellung aufgebaut, wie alles Erhebende, wie die Illusionen, alle Lust am Leben dem Irrtum verdankt werden, - und wie insofern der Ursprung einer schlechten Welt nicht in einem moralischen Wesen, vielleicht aber in einem künstlerischen Schöpfer zu suchen sei; wobei ich meinte, daß einem solchen Wesen durchaus keine Verehrung im Sinne der christlichen (welche den Gott des Guten und der Liebe aufstellt) gebühre und sogar die Andeutung nicht scheute, ob dem deutschen Wesen diese Vorstellung, wie sie gewaltsam inokuliert ist, nicht auch gewaltsam wieder entrissen werden könne. Dabei meinte ich in Wagners Kunst einen Weg zu einem deutschen Heidentum entdeckt zu haben, mindestens eine Brücke zu einer spezifisch unchristlichen Welt- und Lebensbetrachtung. Damals glaubte ich, daß die Welt vom ästhetischen Standpunkt als ein Schauspiel von ihrem Dichter gemeint sei, daß sie aber als moralisches Phänomen ein Betrug sei: weshalb ich zu dem Schluß kam, daß nur als ästhetisches Phänomen die Welt sich rechtfertigen lasse.  - Friedrich Nietzsche, nach: Hugo Ball, Der Künstler und die Zeitktankheit. Ausgewählte Schriften. Frankfurt am Main 1988
 

Dichter Welt

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