Welpen   Clotilde war unser Dienstmädchen, fünfzehn oder sechzehn Jahr alt, mit einem Engelsgesicht, Tochter einer alten Frömmlerin aus der Umgegend. Sie war als Hilfe meiner Stiefmutter engagiert, die ihren Sohn bekommen hatte, und da im Hause keine Kammer frei war, ließ man sie bei mir schlafen. Das war um 1885; ich war dreizehn Jahre alt. Mein Vater hielt immer eine Menge Hunde, und eben zu dieser Zeit brachte eine Hündin Welpen zur Welt. Es gibt kein reizenderes Spielzeug als diese kleinen Tapse, und oft nahmen Clotilde und ich einen oder zwei zu uns mit hinein. Nun, eines schönen Abends, als wir uns gerade hingelegt hatten, und ich, bereits im Halbschlaf, meine Hand ausstreckte, bekam ich ein kleines Wesen zu fassen, das sich warm und wollig hineinschmiegte.

»Ei, du hast einen mit ins Bett genommen?« fragte ich Clotilde, indem ich es hin- und herstreichelte. Sie murmelte mit benommener Stimme etwas Unverständliches, und, während ich meine Liebkosungen fortsetzte, spürte ich, wie das Wesen darauf einging, ja sie ermutigte. Man wird sich kaum darüber wundern nach allem, was ich hier auskrame. Trotz dieser Gefälligkeiten verharrte ich in meinem Irrtum, kehrte ihr den Rücken und schlief ein.   - Paul Léautaud, In memoriam. Übs. Ernst Jünger. Stuttgart, Zürich 1980 (zuerst 1905)

 

Hund

 

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