Weihnachtsbraten  82 Jahre habe ich ins Becken geräuspert. Heute bin gestorben und zurückgelassen habe ich den B-Sohn und meine D-Frau. B-Sohn vergnügt sich derweil wie derzeit mit Agathen C — ein gut durchwachsenes Geschöpf, das leichtfertig keine Gelegenheit ausläßt. Und wie diese puffarmige Eheständlerin sich ihrer Schwiegermutter entledigt, erzählt dies Märchen.

Herbert und Agathen wollten fickglücklich sein. Wie konnten sie das aber sein, wo doch Öhmchen da war, wann immer sie sich legten und im Wald war es kalt, da es auf Weihnachten zuging und im Laufen lief es nicht. Also waren sie nervös und wurden böse, und Agathen flüsterte Herbert, er solle Öhmchen verbringen. Und sie überlegten sich die Art und Weise. Instrumentalmord war ausgeschlossen, denn Öhmchen war sowohl taub als auch dickfellig. Und überdies gegen allerlei Gifte resistent. Da sagte Agathe, sie vermute, daß es ein schöner Winterabend werden würde und sie sollten mit Öhmchen in den Wald gehen und Öhmchen in demselben lassen und allein zurückgehen und dann glücklich sein. Damit war Herbert zufrieden. Aber was die tauben Weiber nicht hören sollen, hören sie dennoch und wenn es auch geflüstert ist. Öhmchen kannte wohl ihre Kinder und glaubte der Botschaft, deshalber sie die Sparpfennige in ihre Schürze sammelte. Die wollte sie hinter sich lassen, um den Rückweg zu finden, wenn man sie in dem Wald ließ. So wurde es auch, und als Herbert und Agathen in ihrem Glück waren, hatte Öhmchen alle Sparpfennige wieder eingesammelt. Da war es wieder ein Unglück und Herbert und Agathen waren wieder nervös und wurden böser als je zuvor und Agathe flüsterte dem Herbert, man müsse es noch mal versuchen, weil nicht ohne Hoffnung zu leben sei. Damit war Herbert zufrieden, und beim siebten Versuch schneite es, daß Öhmchen die Pfennige nicht wiederfand und sich im Wald verirrte und die Kinder verfluchte und mit den Zähnen knirschte, daß die Vögel davon erschreckten. Aber da half kein Zähneknirschen, daß sie weiterirren mußte, bis sie an das Häuschen kam, was gänzlich aus Zuckerwerk war und wiewohl sie ins siebzigste stand, wußte sie die Freuden zu nehmen, denn sie war eine Näscherin. Ging hin und naschte vom Mauerwerk, ohne darum zu fragen. Im Inneren des Hauses waren Hensel und Grätel, und Grätel war ein fein sanftes Mädchen und sagte zu Hensel, daß wer draußen am Mauerwerk knuspere und daß er ausfindig machen solle, wer es sei. So lernten sie Öhmchen kennen, und da es auf Weihnachten zuging und sie das Gebratene berieten, war es ihnen recht. Hensel, welcher mit der Hand geschickt war, baute für Öhmchen einen Käfig gegen ihr Heimweh und Grätel fütterte Öhmchen dreimal am Tag. Einmal am Morgen, einmal am Mittag und einmal am Abend, daß sie sich gut erholte von der Zeit bei Herbert und Agathen und schier wurde bis Weihnachten kam und Zitzen ansetzte und öhrchen und Lippen und Vötzchen und Zehen und Nabel und Augen und Knieknorpel und Hüftfalten und Waden und auch inwendig sich vervielfältigte. So daß sie gut war für die Weihnachtsgesellschaft. Denn so war es mit Hensel und Grätel, daß sie zum Fest einluden. Alles, was im deutschen Wald wohnte, mußte kommen und probieren, was gebraten war. Und da kam Rapunzel, die von dem Dünndarm probierte, was ihr Schönstes war, gefüllt mit Kapernsoße, und viermal sieben Brustwarzen wurden gedünstet für die Zwerge als O-Töfel für gesüßte Brust und das schleckte und schmatzte, daß man es im zweiten Zimmer hören konnte, wo Rübezahl Vötzchen schlürfte, die er im Salzwasser gegart viel lieber hatte als paniert oder ragout oder gegrillt oder im Schlafrock, denn das Naß daran sei das Beste, so war seine Behauptung. Ein Erzschelm, welcher im Gebirge wohl trocken speisen mußte. Und die Königstöchter spitzten auf Augäpfelchen und zirpten wie die Vögelchen und konnten sich gar nicht sättigen, denn besorgt um das eigene Fleisch vernachlässigten sie die Töpfe mit Backen und Falten, auch die Waden und Schulterstücke, ja selbst Ellbogenbeutel im gezogenen Essig waren ihnen nicht gern. Aber Grätel war es auch so zufrieden und guckte gerne hin, wenn die Räuber Öhmchens Herz traktierten, daß ihnen die Kiefer knackten, denn das war nicht öfter, darum mußten sie kämpfen und merkten nicht, daß es zäh war wie Greisenstein. Und vom Allgemeinen aßen sie sich satt: Schneewittchen — der Wölfling — die Geißen — die Elfen — die Feen — die Müllerburschen und Königssöhne, die Köhler und Däumlinge — die Einsiedel und die Froschkönige — Wilhelm und Hubertus und die Brüder — und waren glücklich und Rumpelstilzchen saß am Gesäß und alle wußten seinen Namen und bedankten sich für das schöne Fest.

Und so sind alle zu Tode gekommen von dem Gift, mit dem Öhmchen ganz und gar gefüllt war, denn sie war eine Hexe und brauchen auch keine Märchen mehr geschrieben werden — deswegen.   - (jan)

 

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