Weiberding  »Ist ein Hahnrei ebenfalls nach Gottes Ebenbild geschaffen?« fragte der Burgunder.

»Wo denkt Ihr hin?« versetzte der Pariser, »Gott hat auch darin weise gehandelt, daß er nie ein Weib gefreit hat. Darum ist er glücklich in alle Ewigkeit.«

»Aber«, wandte die Magd ein, »die Hahnreie sind doch nach Gottes Ebenbild geschaffen worden, ehe sie gehörnt wurden.«

Drauf hoben die drei Pilger ein wüstes Geschimpfe gegen die Weiber an und erklärten, an allem Unglück und Übel auf dieser Welt trügen nur sie die Schuld.

»Ihr Schoß ist ein gieriger und unersättlicher Schlund«, sagte der Burgunder.

»Ihr Herz ist gerade wie ein Winzermesser oder eine Sichel«, höhnte der Pariser.

»Warum sieht man nur so viele Pilger und so wenige Pilgerinnen?« fragte der deutsche Baron.

»Ihr verdammtes Ding sündigt eben niemals«, gab der Pariser zur Antwort. »Es kennt nicht Vater noch Mutter, weder die Gebote Gottes noch die der Kirche, weder göttliche Gesetze noch menschliche. Es weiß von keiner Doktrin, von keiner Ketzerei, man kann ihm nichts vorwerfen. Es ist unschuldig an allem und lacht immerfort. Es hat nicht Verstand noch Einsicht; darum graut mir davor, und ich habe tiefen Abscheu vor ihm.«

»Mir geht es ebenso«, sagte der Burgunder, »und ich verstehe nun allgemach die abweichende Auslegung, die ein Schriftgelehrter den Bibelversen gibt, in denen die Schöpfungsgeschichte berichtet wird. In diesem Kommentar, den wir bei uns zu Hause ein Noel oder eine Legende nennen, steht sonnenklar zu lesen, wo der Grund für die Unvollkommenheit des Weiberdinges zu suchen ist, dessen Durst, zum Unterschied von andern Weibchen, kein Mann jemals zu stillen vermag, so höllisch hitzig ist seine Brunst. In dieser Legende wird erzählt, daß Gott der Herr, als er unsere Urmutter Eva schuf, den Kopf zur Seite wandte, um sich nach einem Esel umzuschauen, der zum erstenmal in seinem Paradies braute. Diese Gelegenheit benutzte der Teufel, um seinen Finger in dies gar zu vollkommene Geschöpf zu stoßen, und riß ihm eine klaffende, schmerzende Wunde, die Gott der Herr gleich wieder sorgsam zustopfte und verklebte; seither gibt es Jungfrauen. Mittels dieses Pflasters sollte das Weib verschlossen bleiben, und die Kindlein sollten auf dieselbe Art gemacht werden, wie der Herr die Engel geschaffen hatte, nämlich in einer geistigen Lust, die über jegliche Fleischeslust ebenso erhaben ist, wie das Himmelszelt die Erde überragt. Als nun der Teufel diesen Verschluß wahrnahm, war er fürchterlich erbost, weil er so übertölpelt worden war, und zerrte den schlafenden Adam an der Haut und zog so lange daran, bis ihm ein Anhängsel, seinem teuflischen Schwanz ähnlich, herunterhing. Weil nun aber der Urvater aller Menschen auf dem Rücken lag, befand sich dieses Anhängsel vorn statt hinten. So kommt es, daß diese beiden Teufeleien immerfort mit großem Verlangen zueinander streben und sich vereinigen wollen, nach dem Gesetz, daß gleich und gleich sich gern gesellt, welches Gesetz Gott der Herr zu Nutz und Frommen und zum Besten seiner Welten gemacht hat. Dies führte zum Sündenfall, und alles Ungemach und Leiden des Menschengeschlechtes hat hier seinen Ursprung, weil Gott, als er des Teufels Werk sah, wohlgefällig schmunzelte und wissen wollte, was daraus entstehen mochte.«   - (drast)

 

Ding Weib

 

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