eiberbeschimpfung
Der gute alte Braguelongne hatte gewettert und getobt und bei
sich selbst gesagt: Du alte Vettel! Du abgetakelte Schaluppe! Daß dich doch
der Keuchhusten ersticke! Daß dich der Krebs fresse! Du alte zahnlose Striegelbürste!
Du alter latschiger Pantoffel, in dem kein Fuß mehr Halt findet! Du ausgedientes
Schießeisen! Verfaulter Stockfisch! Du alte Spinne, die höchstens noch zappelt,
wenn sie sich abends in ihr Nest verkriecht! Du alter stinkender Leichnam
mit offenen Augen! Du alte Wiegamme des Teufels! Du altes Nachtlicht eines Latwergenausrufers!
Du garstige Hexe mit dem bösen Blick! . . . Du alter Knebelbart eines alten
Quacksalbers! So alt bist du, daß Gevatter Tod Tränen weint, wenn er dich sieht!
Du altes Orgelpedal! Du alte Messerscheide für hundert Klingen! Alte Kirchentüre,
von zahllosen Beterknien abgerutscht! Du alter Opferstock, in den alle Welt
schon Almosen hineingesteckt hat! Ich gäbe mein ganzes künftiges Glück dafür,
wenn ich dich los wäre! - (
drast
)
Weiberbeschimpfung
(2) Er griff in die brusttasche
seines unheilverkündenden schwarzen überziehers und brachte ein blitzendes stilett
ans sonnenlose februarlicht, prüfte die schärfe der klinge an einem haar seines
pechfarbenen, langen vollbartes, lachte finster auf und rief: immerhin, ein
Landru werde ich wohl niemals, dazu bin ich zu schwach, aber, so fuhr er mit
wachsender, wenn auch düsterer begeisterung fort, den weibern werde ich es schon
noch zeigen, ich will ihnen die waden nach vorne richten und die wackelärsche
auf trab bringen, daß ihnen hören und lauschen vergeht; sie sind allesamt nutten
und huren, glauben sich die wiefsten dinger von der weit,
drehen ihr gestell nach allen windrichtungen, treibens heut mit diesem, morgen
mit jenem und übermorgen mit weißgott wem; von treue und glauben nicht das spürchen
einer spur, keine scham, keine religion, bestenfalls schwarzemessefeen
und hexen, zu jeder luderei bereit, wenn ordentlich geld dabei rausguckt, lustbesessene schweinchen,
die nichts andres im sinne führen als uns männern den letzten cent, centavo,
centesimo aus der Börse zu filidieren; durchaus falsche katzen, von denen es
heißt, daß sie vorne lecken und hinten kratzen, von windelzarter jugend an zu
nichts anderem fähig denn süßsaure schnuten zu ziehen, lippen lackieren, wimpern
tuschen, fingernägel maniküren, röschenbedrucktes clopapier verwenden, arm-sprays vergeuden, onassisteure parfüms in bahnhofstoiletten
stehen lassen und so fort, so dahin, mag die welt und der mann dabei zugrundegehen,
was schert sie das schon - geht eine welt kaputt, taucht eine neue auf; holt
einen mann der teufel, bringt irgend so ein übler engel einen frischen .. - H.
C. Artmann,
How much, schatzi? Frankfurt am Main 1971
Weiberbeschimpfung
(3) Du bist ein luder und
ich traue dir doppelt so viel wie einem skorpion unter einer steppdecke,
ja, Agnes, dein verhalten bedingt bei mir, daß ich sacksiedegrob werde,
du elende spinne, du abgefeimte hurensauce, du
dreckige bettviper, du perverse natter, du sabberndes lustwiesel! - H.
C. Artmann,
How much, schatzi? Frankfurt am Main 1971
Weiberbeschimpfung (5)
-
Eric Stanton, Bonnie and Clara
Weiberbeschimpfung
(6) Im Alltagsleben kann man manchmal einen plötzlichen Aufruhr
der männlichen Erwachsenen erleben, die - furchtsam und die meiste Zeit in der
Defensive - mit einem Schlag den Gesetzen des häuslichen
Lebens entkommen wollen, wobei sie Verwünschungen
gegen die Frauen ausstoßen, von denen sie eingefangen
wurden. Mit einem solchen Aufruhr möchten die Ehemänner nicht ganz auf ihre
Bestialität oder ihren Schwachsinn oder ihre Unanständigkeit verzichten, also
erheben sie entsetzliche Anklagen gegen die Frauen: Diese Anklagen sammeln die
Geschichtenerzähler und verbreiten sie dann
in ihren Geschichten. Manche lassen sogar durchblicken, die Frauen seien alle
dem Kult des Schlafdiktators verfallen und gingen
jede Nacht massenweise als seine Konkubinen in die Festung Trai, wo sie unter
dem Sternbild des Vitulé (was das Kreuz des Südens sein soll) nach dem Lauf
der kosmischen Bewegungen in einen hypnotischen Trancezustand versinken. In
den Anklagen der Männer ist auch von Orgien die Rede,
bei denen der Tyrann Boro mit seinem Körper auf 50 bis 100 Frauen liegt, während
er kumulativ seine Begierde mit ihnen befriedigt, und die obengenannten Frauen
eine unendliche, beinahe tödliche Lust empfinden. - (fata)
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