Weib, feistes

LANDSCHAFT VON DER MENGE, WELCHE SICH  ERBRICHT
(Es wird Nacht über Coney Island)

Zuvorderst kam das feiste Weib,
das immerfort die Wurzeln ausriß und das Fell der Trommeln näßte;
das feiste Weib,
das umstülpt die verendenden Polypen.
Das feiste Weib, des Mondes Feindin,
durchlief die Straßen und die unbewohnten Wohnungen
und ließ zurück in allen Ecken kleine Taubentotenköpfe
und stöberte die Rasereien der Bankette der letzten Hunderte von Jahren auf
und rief des Brotes Dämon auf den Hügeln des gefegten Himmels
und drängte eine Lichtunruhe in das unterirdische Geläuf.
Die Totenäcker sinds, ich weiß, es sind die Totenäcker
und auch das Leid der unterm Sand begrabnen Küchen,
es sind die Toten, die Fasane und von ehedem die Apfel,
die uns beengend in der Kehle drücken.

Es kam das wirre Rauschen aus dem Walde des Erbrechens
mit leeren Frauen und mit Kindern aus verwärmtem Wachs,
mit ausgegorncn Bäumen und mit unverdroßnen Kellnern,
die Salzgerichte zu des Speichels Harfen tischen.
Nichts hilft, mein Sohn, erbrich dich! Dagegen gibts kein Mittel.
Es ist nicht das Erbrechen des Husaren auf der Hure Brüsten,
nicht das Gespci der Katze, die einen Frosch unachtsam hat verschluckt.
Es sind die Toten, die mit ihren erdgewordnen Händen an den Toren
aus Kieselsteinen kratzen, wo Wolken und Desserts verfaulen.

Zuvorderst kam das feiste Weib
mit allen Leuten von den Schiffen, den Tavernen und den Gärten.
Das Brechen schlug empfindsam seine Trommel
inmitten einiger Mägdelein von gutem Blut,
die Schutz vom Monde sich erbaten.
Ach weh mir! Wehe mir! Ach weh mir!
Mein Blick hier, der war mein, doch ist er nicht mehr mein,
der Blick hier, welcher nackend zittert durch den Alkohol
und der unglaublich wunderseltnen Barken
den Abschied in der Molen Anemonen gibt.
Ich schütze mich mit diesem Blick,
der herkommt aus den Wogen, darein das Morgengrauen nicht sich wagt,
ich, Dichter ohne Arme und verloren
in jener Menge, welche sich erbricht,
und ohne Pferd, das herzensfreundlich
das dichte Moos von meinen Schläfen beißt.

Das feiste Weib jedoch war unentwegt zuvorderst,
die Leute suchten nun die Apotheken,
wo stets der bittre Tropentrank zu Haus ist.
Erst als die Fahne aufgezogen wurde und die ersten Hunde kamen,
da drängte sich die ganze Stadt zusammen an des Hafendamms Geländern. 

  - Federico Garcia Lorca, Dichter in New York. Frankfurt am Main 1963 (Übs. Enrique Beck, zuerst 1930)

 

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