eberknecht  In den Winkeln des Aborts hauste der Kanker, der Weberknecht. Er war nicht größer als eine Pferdebohne, doch hatte er Beine, die über den Handteller klafterten. Wenn Clamor ganz still saß und nachsann, sah er den Weberknecht sich hervorwagen und über die Wand huschen: ein überaus ängstliches Wesen, denn wenn man auch nur die Hand ausstreckte, warf es eines seiner langen Beine aus der Hüfte und eilte mit den übrigen davon.

Das abgetrennte Bein blieb liegen und webte, als ob es lebendig wäre, noch lange Zeit. - Aus: Ernst Jünger, Die Zwille. Stuttgart 1973

Weberknecht (2) Ich aß in der Küche, die zu klein war für einen Tisch, den Teller auf den Knien. Die Weberknechte saßen an den Wänden, sich mit den langen zeigerartigen Beinen am körnigen Kalk festhaltend, und ruckelten unablässig an Ort und Stelle, so daß die ganze Küche etwas von einem lautlos tickenden und mit Gependel erfüllten Uhrenladen hatte. Hin und wieder wechselten die Uhren ihren Platz, oder eine Uhr stand hochbeinig über der zweiten, und beide pendelten gemeinsam. Auf dem Kachelboden darunter lagen einige der wohl kurzlebigen Tierchen auf dem Rücken, keine Strahlenformen mehr: die einen mit zum Sterben sich einkrümmenden Beinen, die dabei heftig zitterten; die andern, schon tot, hatten die Beine in dicht verflochtenen Bögen vollends über dem rasch vertrockneten Leib verschlossen, mumienhafte Knäuel, an denen sich zusehends der Staub verfing. Für diese Herabgefallenen entstanden freilich zugleich an der Wand die Lückenbüßer, in helleren Farben als die übrigen und deutlich kleiner, die den Anschein von Neugeborenen oder Frischlingen hatten und unverzüglich im Verband mittickten.   - Peter Handke, Der Chinese des Schmerzes. Frankfurt am Main 1986 (zuerst 1983)

Weberknechte (3) balgen sich wie Katzen und schmecken süß wie die Nuß. So steht es gedruckt, und was gedruckt wird ist wahr. Ich schrecke vor Kannibalismus zurück, vielleicht fürchte ich für mich selber. Obwohl ich mir nicht vorstellen kann, daß jemandem das Wasser im Mund zusammenläuft, wenn er mich sieht.

Aber sonst habe ich Erfahrung mit Weberknechten, ich bin von ihnen abhängig, weil ich nicht weben kann. Ich hatte nicht weniger als fünfzig eingestellt.  - (eich)

Weberknecht (4) Aub  Was soll das bedeuten: »Luis verläßt die Taverne des Segoviers, wo er mit Sánchez Ventura eine tortilla de patatas gegessen hatte.«? »Eine Spinne, eine Spinne! Ich erwarte Dich in Platerias.« Was hat das alles zu bedeuten?

Buñuel Es war so. Ich sah einen Weberknecht in einem »boto« und ich lief weg, weil die Spinne drin war. Du weißt ja, daß ich Spinnen nicht ausstehen kann.

Aub  Was ist denn das, ein »boto«?

Buñuel  So narmten wir in Aragon die Schläuche, die Weinschläuche, die damals in den Wirtshäusern hingen. Ich sah sie mit ihren riesigen Beinen und rannte weg. Ich bewundere Spinnen, aber sie stoßen mich ab. Ich weiß nicht, warum. Alle Buñuels sind so. Nur bei Nacht. Am Tag nicht. Ich sehe ihnen zu. Einmal - ich weiß nicht mehr, welchen Film ich gerade drehte — nahm ich eine Spinne hier auf die Hand, so groß wie meine Hand. Ich weiß nicht mehr, aber ich glaube, sie hatte vier Paar Beine.  - Luis Buñuel, nach: Max Aub / Luis Buñuel, Die Erotik und andere Gespenster. Berlin 1986

Spinne Angst
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