atten Aufgestanden,
gewaschen, angezogen bin ich, da kommt der Fuhrmann und fragt, warum ich nicht
mehr watten gehe, und ich mache den Versuch, zu erklären, warum, aber ich kann
nicht erklären, warum. Ich sage: nein, nicht mehr watten. Sie klopfen an, sage
ich, ich mache Ihnen auf, Sie kommen herein, ohne Umstände, sage ich, kommen
Sie herein und setzen sich und strecken Ihre Beine aus, und Sie stellen immer
die gleiche Frage: warum nicht mehr watten, Herr Doktor? Ich: trinken Sie etwas?
Sie sagen: neinnein! und Sie wiederholen: warum nicht mehr watten, Herr Doktor?,
ich sage: nein, nicht mehr watten. Heute hat er den Winterkotzen an, denke ich,
das heißt, es ist Winter. Ich gehe nicht mehr watten, denke ich, ich sage: Sehen
Sie, ich gehe ja nicht einmal mehr zur faulen Fichte, geschweige denn in die
Schottergrube, geschweige ins Gasthaus. Natürlich, sage ich, habe ich versucht,
ins Gasthaus zu gehn, aber ich bin nicht einmal mehr zur faulen Fichte gekommen.
Es ist unsinnig, mich überreden zu wollen. Ich sage zum Fuhrmann: ich gehe nicht
mehr watten, es ist unmöglich. Er verhält sich aber so, als hätte ich nichts
gesagt. Es wäre an der Zeit, wieder watten zu gehn, sagt er. Es ist immer das
gleiche, geehrter Herr, er bleibt sitzen und sagt in kurzen Abständen immer
wieder, ich solle wieder watten gehn, und ich antworte immer: nein, nicht mehr
watten. Ist er weg, schwöre ich, ich lasse ihn, kommt er wieder, nicht mehr
herein. Aber ich mache ihm doch wieder auf, er kommt herein, die Szene wiederholt
sich: warum nicht mehr watten, Herr Doktor?, und ich: nicht mehr watten. Gestern:
der Winterkotzen ist von seinem Vater, denke ich. Ich ordne meine Papiere, wenn
ich auch weiß, daß es unsinnig ist, so suche ich doch aus dem Haufen von Papieren
auf dem Schreibtisch zusammengehörige Zettel, Briefe, Rechnungen, alte Rezepte,
Notizen, Entwürfe zusammen. Wenn ich auch weiß, daß die Unordnung immer größer
ist. Wenn ich Ihnen schon hunderte Male gesagt habe, sage ich, daß ich nicht
mehr watten gehe, ich gehe nicht mehr watten, es ist unsinnig, daß Sie mich
aufsuchen, mich überreden wollen, watten zu gehn, aber der Fuhrmann hat gar
nicht zugehört. Jede Woche kommen Sie und vertrödeln Ihre Zeit und ruinieren
die meinige, indem Sie mich überreden wollen. Er hört nicht zu. Aber selbst
wenn ich auf einmal wieder das Bedürfnis hätte, watten zu gehn, ich ginge nicht
mehr. Lassen Sie mich in Ruhe, sage ich. Suchen Sie sich einen andern Mann.
Jeder wattet hier. Ich watte nicht mehr. - Thomas Bernhard, Watten.
Ein Nachlaß. In: T.B., Die Erzählungen. Frankfurt am
Main 1979
|
||
|
||