- Hätte im Devon, vor rund 350 Millionen Jahren, eine kleine, wenig auffällige Gruppe von Fischen nicht Flossen mit kräftiger Mittelachse entwickelt, die an Land ihr Gewicht trug, gäbe es vielleicht keine terrestrischen Wirbeltiere.
- Ohne den Einschlag eines riesigen Himmelskörpers vor rund 65 Millionen Jahren würden die Dinosaurier womöglich heute noch die Erde beherrschen und den Säugetieren weiterhin nur eine Nebenrolle erlauben - wie während der ersten 100 Millionen Jahre nach deren Entstehen.
- Wenn vor zwei bis vier Millionen Jahren eine Linie der Primaten in der
allmählich austrocknenden afrikanischen Savanne nicht den aufrechten
Gang erworben hatte, wären deren Nachfahren Menschenaffen und eine ökologische
Randgruppe wie die heutigen Schimpansen und Gorillas geblieben. - Stephen
Jay Gould, in: Spektrum der Wissenschaft spezial - Leben und Kosmos. Ca. 1994
Was wäre, wenn (2) In der Abfolge der Kernreaktionen, die im Inneren der Sterne schwere Elemente bilden, gibt es einen entscheidenden Schritt. Dabei verschmelzen zwei Heliumkerne zu einem instabilen Beryllium-8-Kern, der normalerwelse wieder auseinanderbricht, manchmal aber absorbiert er einen weiteren Heliumkern und bildet so den erwähnten angeregten Zustand von Kohlenstoff-12. Dieser wiederum gelangt durch Aussenden eines Photons in den stabilen Zustand niedrigster Energie. In nachfolgenden Kernreaktionen wird Kohlenstoff zu Sauerstoff, Stickstoff und anderen schweren Elementen umgewandelt, die für das Leben unentbehrlich sind.
Das Erstaunliche ist nun, daß es sich bei dem Einfang von Helium durch Beryllium-8 um einen Resonanzprozeß handelt, dessen Geschwindigkeit bei einer bestimmten Energie der beteiligten Kerne ein scharfes Maximum aufweist. Hätte Kohlenstoff-12 im angeregten Zustand nur eine minimal höhere Energie, wäre seine Bildungsgeschwindigkeit viel geringer, und so gut wie alle Kerne von Beryllium-8 würden zu Helium zerfallen, bevor sich Kohlenstoff bilden könnte. Das Universum bestünde dann fast nur aus Wasserstoff und Helium, es enthielte keine Bausteine des Lebens.
Wie fein die Naturkonstanten aufeinander abgestimmt sein müssen, um Leben möglich zu machen, ist umstritten. So gibt es durchaus unabhängige Gründe, einen angeregten Zustand von Kohlenstoff-12 nahe der Resonanzenergie zu erwarten. Doch eine andere Konstante scheint in der Tat eine unglaublich genaue Abstimmung zu erfordern: die Vakuumenergie oder kosmologische Konstante.
Wir können diese Größe nicht insgesamt berechnen, sondern nur einige Teilbeträge
(zum Beispiel die Energie von Quantenfluktuationen des Gravitationsfelds mit
Wellenlängen oberhalb 10 -33 Zentimetern). Diese aber liegen rund
120 Größenordnungen über dem Maximalwert, den unsere Beobachtung der gegenwartigen
kosmischen Expansionsgeschwindigkeit zuläßt. Wenn sich die vergleichsweise riesigen
Teilbeträge zur Vakuumenergie also nicht fast exakt gegeneinander aufheben würden
- nämlich auf 120 Dezimalstellen genau -, durchliefe das Universum
entweder einen kompletten Kreislauf von Expansion und Kontraktion, bevor das
Leben überhaupt Zeit zum Entstehen gehabt hätte, oder es würde sich so rasch
ausdehnen, daß sich keinerlei Galaxien und Sterne bilden könnten. - Steven
Weinberg, in: Spektrum der Wissenschaft spezial - Leben und Kosmos. Ca. 1994
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