as wäre wenn     - Wären unter den wenigen Organismengruppen, die von der explosiven Entfaltung des vielzelligen tierischen Lebens im Kambrium vor 530 Millionen Jahren übng geblieben sind, nicht die zarten, unscheinbaren Vorfahren der Wirbeltiere gewesen, hätte es unseren Stamm wohl nie gegeben. Aus dieser Linie ist von damals überhaupt nur ein einziger, kleiner Organismus bekannt, der die Gattung Pikaia bildet. Im Burgess-Schiefer von British Columbia (Kanada), der besten fossilen Fundstätte der kambrischen Tierwelt, gehören diese einfachen, schwimmenden Geschöpfe zu den seltensten Fossilien. Ihre Verwandtschaft mit den Wirbeltieren ist an der rückwärtigen Versteifung, der Chorda dorsalis, erkennbar (deren Stützfunktion bei den Vertebraten die Wirbelsäule übernimmt, die Bandscheiben sind Reste davon).

- Hätte im Devon, vor rund 350 Millionen Jahren, eine kleine, wenig auffällige Gruppe von Fischen nicht Flossen mit kräftiger Mittelachse entwickelt, die an Land ihr Gewicht trug, gäbe es vielleicht keine terrestrischen Wirbeltiere.

- Ohne den Einschlag eines riesigen Himmelskörpers vor rund 65 Millionen Jahren würden die Dinosaurier womöglich heute noch die Erde beherrschen und den Säugetieren weiterhin nur eine Nebenrolle erlauben - wie während der ersten 100 Millionen Jahre nach deren Entstehen.

- Wenn vor zwei bis vier Millionen Jahren eine Linie der Primaten in der allmählich austrocknenden afrikanischen Savanne nicht den aufrechten Gang erworben hatte, wären deren Nachfahren Menschenaffen und eine ökologische Randgruppe wie die heutigen Schimpansen und Gorillas geblieben. - Stephen Jay Gould, in: Spektrum der Wissenschaft spezial - Leben und Kosmos. Ca. 1994

 Was wäre, wenn (2) In der Abfolge der Kernreaktionen, die im Inneren der Sterne schwere Elemente bilden, gibt es einen entscheidenden Schritt. Dabei verschmelzen zwei Heliumkerne zu einem instabilen Beryllium-8-Kern, der normalerwelse wieder auseinanderbricht, manchmal aber absorbiert er einen weiteren Heliumkern und bildet so den erwähnten angeregten Zustand von Kohlenstoff-12. Dieser wiederum gelangt durch Aussenden eines Photons in den stabilen Zustand niedrigster Energie. In nachfolgenden Kernreaktionen wird Kohlenstoff zu Sauerstoff, Stickstoff und anderen schweren Elementen umgewandelt, die für das Leben unentbehrlich sind.

Das Erstaunliche ist nun, daß es sich bei dem Einfang von Helium durch Beryllium-8 um einen Resonanzprozeß handelt, dessen Geschwindigkeit bei einer bestimmten Energie der beteiligten Kerne ein scharfes Maximum aufweist. Hätte Kohlenstoff-12 im angeregten Zustand nur eine minimal höhere Energie, wäre seine Bildungsgeschwindigkeit viel geringer, und so gut wie alle Kerne von Beryllium-8 würden zu Helium zerfallen, bevor sich Kohlenstoff bilden könnte. Das Universum bestünde dann fast nur aus Wasserstoff und Helium, es enthielte keine Bausteine des Lebens.

Wie fein die Naturkonstanten aufeinander abgestimmt sein müssen, um Leben möglich zu machen, ist umstritten. So gibt es durchaus unabhängige Gründe, einen angeregten Zustand von Kohlenstoff-12 nahe der Resonanzenergie zu erwarten. Doch eine andere Konstante scheint in der Tat eine unglaublich genaue Abstimmung zu erfordern: die Vakuumenergie oder kosmologische Konstante.

Wir können diese Größe nicht insgesamt berechnen, sondern nur einige Teilbeträge (zum Beispiel die Energie von Quantenfluktuationen des Gravitationsfelds mit Wellenlängen oberhalb 10 -33 Zentimetern). Diese aber liegen rund 120 Größenordnungen über dem Maximalwert, den unsere Beobachtung der gegenwartigen kosmischen Expansionsgeschwindigkeit zuläßt. Wenn sich die vergleichsweise riesigen Teilbeträge zur Vakuumenergie also nicht fast exakt gegeneinander aufheben würden - nämlich auf 120 Dezimalstellen genau -, durchliefe das Universum entweder einen kompletten Kreislauf von Expansion und Kontraktion, bevor das Leben überhaupt Zeit zum Entstehen gehabt hätte, oder es würde sich so rasch ausdehnen, daß sich keinerlei Galaxien und Sterne bilden könnten. - Steven Weinberg, in: Spektrum der Wissenschaft spezial - Leben und Kosmos. Ca. 1994

 

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