assergeist   Und wie der Jüngling gesungen hatte und sich umdrehte, trat Sukuruja, der Wassergeist, aus dem Wald.
Sie lief als ein fremder Krieger auf ihn zu, Straußenfedern hatte sie am Gürtel, bunte Papageienfedern schwankten in ihrem schwarzen Haar. Sie sprang mit ihrer schweren Keule vor, er duckte sich, schrie nach seinen Freunden. Sie sprang im Wasser von Baumstamm zu Baumstamm, die Sonne war untergegangen. Sie schwamm.

«Hui», ruft sie, wirft das Wasser mit beiden Händen. Sie lockt die Geister. Die Geister tanzen mit ihr. Sie spritzt und stäubt. Sie steht in einer Wolke von Gischt. Die Geister schnappen danach. Sie sammeln sich um Sukuruja. Die Schar wächst, je mehr die Nacht vorrückt. Sukuruja spritzt und ruft. Sie sammeln sich wie Vögel um die Bäuerin, die Maiskörner wirft. Sukuruja läßt sich von den Flüssen tragen, lacht und jagt die gierigen Geister. Sie stürzen ins Wasser, schlucken davon. Sie sind Fische und Würmer und Insekten. Der Boden nimmt sie auf. Sie fliegen als Vögel, eine neue Haut. Vergessen die tausend Leben, die jeder gelebt, der Kummer, tägliche Mühe und Enttäuschung, Lahm- und Müdewerden, der Gram, die Liebe, das Verbrechen. Die Wasser, die Sukuruja wirft, rinnen durch sie.
Vergessen die tausend Leben.  - Alfred Döblin, Amazonas. Romantrilogie. München 1991 (dtv, zuerst  1937)

Wassergeist (2)  Der Smatorsk ist ein stattlicher Fisch, unten weiß mit grünlichen Silbertönen, mit seegrünem Rücken, an den Seiten schön goldockerbraun gefleckt. Die Goldflecken neigen nach dem Muster der Edelkoralle zur Verzweigung und Verästelung, besonders leuchtet ihre Farbe auf den Kiemenplatten, die, gleich dem Deckel einer kostbaren Dose, auf altgoldenem Grunde winzig schwarz gesprenkelt sind. Auch sind oft noch Teile der Flossen vergoldet, als wäre ein Pinsel mit Blattgold daran ausgewischt. In diesen Wochen, und dann bis in den Herbst hinein, nimmt der Fisch, der von der Laichzeit her noch abgetrieben und unansehnlich war, eine immer bessere und feurigere Färbung an, auch gewinnt die Leber täglich an Gewicht. So ist er erfreulich zu betrachten, wenn man ihn goldglänzend aus dem grünen Wasser hebt. Der große glotzende Kopf und der starke Leib geben ihm einen schwerfälligen Zug - und doch ist er ein prächtiger Bursch. Ich finde an ihm etwas von der Eleganz eines Herren, der in den besten Jahren steht - etwa Tschitschikoff, als er in seinem preiselbeerfarbenen Fracke prunkte, stelle ich mir so vor. Daß die Norweger »Torsk« statt »Schafskopf« schimpfen, beruht doch wohl ebenso wie das in unseren östlichen Gauen übliche »Pomuchelskopf« auf oberflächlicher Beobachtung. Eher sind schalkhaft-würdevolle Züge in diesem Gesicht, die durch die drollige Bartel unter dem Kinn noch verstärkt werden. Auch Geisteskraft ist seinem Träger zugeteilt, wenngleich nicht nach dem Maßstab menschlicher Intelligenz, die ja für Tiere eine höchst schädliche Mitgift ist. Wohl aber sind die listigen und zauberstarken Züge der Nixe und Wassermänner nach seinem Urbilde geformt. Eine Ahnung davon gewinnst Du vor der Büste im Berliner Aquarium, darin der Wassergeist durch mehr als reine Phantasie beschworen ist - wie ich denn überhaupt glaube, daß unsere Einbildung ebenso wenig dämonische Züge zu erfinden, wie sie neue Tiere zu schaffen vermag. Zum mindesten besitzen wir ein genaues Urteil über das, was zwingend ist, selbst wenn es unser Auge niemals sah. Auch die Chimären haben ihr Gesetz. - Ernst Jünger, Myrdun. Briefe aus Norwegen (29. Juli 1935). München 1980 (dtv bibliothek kubin, zuerst 1943)

Wassergeist (3)

Redon, Wassergeist

 - Odilon Redon

Wassergeist (4)  Sie sagen  daß Gott das Wasser nicht geschaffen habe, und nehmen dafür die Bibel in Anspruch, nämlich das Buch Genesis. Dort steht geschrieben, daß der Geist des Herrn über dem Wasser schwebte, und sie meinen, daß es besondere Geister gebe, die im Wasser wohnen. Diese (so glauben sie) enthüllen alle zukünftigen und vergangenen Dinge. Und den größten und mächtigsten unter all diesen Geistern nennen sie Salathiel. Um ihre Kunst zu betreiben, opfern sie diesem Geist durch das Entzünden von Kerzen. So etwas ist ein Akt des Aberglaubens, und zwar ein besonders schlimmer. - (hart)

Wasser Elementargeist
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